Seit dem 1. November 2023 ist die Änderung des Geschlechtseintrags oder Vornamens in Nordrhein-Westfalen unkompliziert möglich. Gut 100 Tage nach Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes (SBGG) haben bereits viele Menschen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. So hat das Kölner Standesamt beispielsweise 344 Änderungen eingetragen, während in Düsseldorf 162 Erklärungen aufgenommen wurden. Auch in Dortmund wurden 148 Erklärungen entgegengenommen, wobei die häufigsten Wechsel von männlich auf weiblich und umgekehrt stattfanden. In Bonn erklärten 130 Personen eine Änderung ihrer Identität, wobei etwa 40% zwischen den Geschlechtern wechselten und knapp 20% zu „divers“ oder „kein Eintrag“ wechselten. Diese Zahlen verdeutlichen den großen Beratungsbedarf und die Nachfrage zu Beginn, denn das Essener Standesamt verzeichnete bis zu 50 Anfragen täglich, eine Zahl, die mittlerweile wieder gesunken ist.
Das SBGG erleichtert trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen die Änderung ihres Geschlechtseintrags und ihrer Vornamen ohne gerichtliche Entscheidung oder Sachverständigengutachten. Dieses Gesetz ersetzt das veraltete Transsexuellengesetz (TSG) von 1980 und die Regelungen des Personenstandsgesetzes für intergeschlechtliche Menschen. [bmfsfj.de berichtet, dass] das Grundgesetz das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung schützt, was durch das SBGG nun weiter erleichtert wird.
Neue Regelungen und Verfahren
Die Änderungen des Geschlechtseintrags erfolgen durch eine einfache Erklärung beim Standesamt. Jene, die ihre Identität ändern wollen, müssen die Änderung drei Monate vor der Erklärung anmelden. In einem bemerkenswerten Schritt können auch Minderjährige, ab 14 Jahren, die Erklärung eigenständig abgeben, benötigen jedoch Zustimmung ihrer Eltern. Für Personen ohne deutschen Personenstandseintrag gelten besondere Regelungen. Auch die Möglichkeit, Änderungen bei deutschen Auslandsvertretungen zu beantragen, ist gegeben.
Das SBGG sieht zudem ein erweitertes und sanktionsbewehrtes Offenbarungsverbot vor, das dazu dient, Zwangsouting zu verhindern.[#bmj.de berichtet, dass] das Gesetz in der Bundesregierung auf breite Zustimmung stößt und mittelfristig eine Evaluierung der Regelungen innerhalb von fünf Jahren vorgesehen ist.
Zukünftige Entwicklungen
Das Selbstbestimmungsgesetz, das am 1. November 2024 vollständig in Kraft treten wird, sieht vor, dass auch die Kosten für geschlechtsangleichende Behandlungen künftig vollständig von der Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Diese weitreichenden Maßnahmen sollen dazu beitragen, das Leben von transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen zu verbessern und ihnen die Anerkennung ihrer Identität zu erleichtern. Medienberichte sprechen von zwischen 6.000 und 15.000 Anmeldungen jährlich, während die Bundesregierung etwa 4.000 Änderungen pro Jahr schätzt.
Die Änderungen des Geschlechtseintrags haben weitreichende rechtliche Folgen für amtliche Dokumente und können in verschiedenen Lebensbereichen Auswirkungen haben. Während das SBGG kein Regelwerk zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen bereitstellt, wird angestrebt, die Aufklärungs- und Beratungsangebote für Betroffene auszubauen. Insgesamt zeigen die jüngsten Entwicklungen in Nordrhein-Westfalen, wie entscheidend solche gesetzlichen Änderungen für die Selbstbestimmung und Identitätsfindung von Menschen sind.