Am 6. Februar 2025 wird an die tragischen Ereignisse des 16. Oktober 1943 erinnert, als SS-Soldaten das jüdische Stadtviertel in Rom umstellten und eine Razzia gegen die jüdische Bevölkerung begannen. Zu diesem Zeitpunkt wurden 1.022 Juden festgenommen und nur 16 von ihnen überlebten die Deportation nach Auschwitz. Unter den wenigen Überlebenden war die damals 22-jährige Settimia Spizzichino. Heute berichten ihre drei Großnichten über das Schicksal ihrer Familie und die verstörenden Erlebnisse aus dieser Zeit.

Im Rahmen der Initiative „Ricordiamo insieme“ von Friederike und Tobias Wallbrecher, die seit 30 Jahren in Rom leben, und des Projekts „Asking the Pope for Help“ von Prof. Dr. Hubert Wolf werden die jüdischen Bittbriefe an Papst Pius XII. eingehend untersucht. Diese Briefe, die während des Zweiten Weltkriegs geschrieben wurden, dokumentieren die Verfolgung und Gewalt, die den jüdischen Bürgern widerfuhr. Bei der Präsentation des Projekts in Rom, die großes Interesse und Beifall hervorrief, waren fast 100 Persönlichkeiten anwesend.

Bittbriefe des Zweiten Weltkriegs

Der Vatikan hat nun vollständigen Zugang zu den Bittbriefen von verfolgten Juden an Papst Pius XII. während des Zweiten Weltkriegs geschaffen. Diese Dokumente sind in 170 Bänden des historischen Archivs des Staatssekretariats mit dem Titel „Ebrei“ (Juden) online verfügbar. Interessierte können die digitalisierten Dokumente über die Internetseite vatican.va einsehen. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um den Abschluss eines Projekts, das vor drei Jahren auf Anordnung von Papst Franziskus begann, als die Archivbestände zu Papst Pius XII. für die Forschung geöffnet wurden.

Die betreuenden Historiker haben insgesamt rund 10.000 Bittschreiben entdeckt, die Hilferufe von Juden in den 1940er Jahren enthalten. Viele dieser Briefe sind auf Italienisch verfasst, darunter zahlreiche handschriftliche Vermerke, die oft schwer lesbar sind. Interessanterweise sind die Überlebenden und die spezifischen Hilfsanfragen in diesen Dokumenten erhalten geblieben, die von den entsprechenden Kurienmitarbeitern im Vatikan zum Teil bearbeitet wurden. Dabei stellte sich heraus, dass Papst Pius XII. nur auf etwa 10% der Bittschreiben reagierte.

Forschungsbedarf und zukünftige Perspektiven

Prof. Dr. Hubert Wolf plädiert für einen Paradigmenwechsel in der Forschung, der den Fokus auf „Die römische Kurie und den Holocaust“ legen soll. Diese neue Perspektive ist notwendig, um die Rolle des Vatikans in dieser dunklen Zeit der Geschichte zu beleuchten. Die Archivbestände aus dem Zeitraum 1939 bis 1958 umfassen insgesamt etwa 40.000 Akten und die digitale Aufbereitung ermöglicht einen umfassenden Zugang zu den bedeutenden historischen Dokumenten.

Die Initiative zur Offenlegung der Bittbriefe und der Dokumente aus dem Vatikan zeigt das Bestreben, das Gedächtnis an die Verfolgten zu bewahren und die verschiedenen Dimensionen der Reaktionen der Kirche auf die Gräueltaten des Holocaust zu erforschen. Es wird dabei deutlich, dass die päpstlichen Reaktionen auf diese Hilferufe oft alles andere als eindeutig waren. Der Vatikan plant, seine Bestände weiterhin vollständig zugänglich zu machen und damit einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte zu leisten.

Für weitere Informationen über die Bittbriefe und ihre Bedeutung können die kompletten Archive online auf den Seiten von vaticannews.de und auf vaticannews.de eingesehen werden. Des Weiteren finden sich in dem Artikel der Uni Münster weitere schockierende Details zu den Geschehnissen vor über 80 Jahren.