Autofahrer müssen beim Vorbeifahren an Linien- oder Schulbussen an Haltestellen besonders vorsichtig und langsam fahren. Dies ist besonders wichtig im Hinblick auf die Sicherheit von Kindern im Straßenverkehr, wie ein aktueller Fall zeigt, der durch das Oberlandesgericht Hamm (OLG) entschieden wurde. Ein 12-jähriger Junge wurde beim Überqueren der Straße, nachdem er aus einem Bus ausgestiegen war, von einem Autofahrer erfasst. Der Fahrer war mit etwa 15 bis 20 km/h unterwegs und musste sich nun wegen der Folgen des Unfalls verantworten.
Das OLG Hamm entschied, dass der Autofahrer zu 70 Prozent für den Unfall haftet, da er seine Sorgfaltspflichten gegenüber Kindern verletzt hatte. Das Gericht stellte fest, dass in Situationen mit erkennbaren Gefahren, wie dem Aussteigen von Kindern aus einem Bus, die Geschwindigkeit gegebenenfalls auf Schrittgeschwindigkeit gesenkt werden muss. Der Junge erlitt dabei schwere Verletzungen, darunter eine offene Unterschenkelfraktur und eine Hirnblutung, was eine langwierige Genesung nach sich zog. Neben der hohen Haftungsquote musste der Autofahrer zudem ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.500 Euro zahlen. Allerdings wurde das Verhalten des Jungen, der unachtsam die Straße hinter dem Bus überquerte, als mitursächlich gewertet, was zu seiner Mitverantwortung führte.
Haftung und Kinder im Straßenverkehr
Ein weiteres Urteil des OLG Hamm vom 25. Juni 2024 beleuchtet ähnliche Haftungsfragen im Verkehrsunfallrecht. In diesem Fall war ein zehnjähriges Kind zwischen wartenden Fahrzeugen auf die Gegenfahrbahn gelaufen und hatte mit einem Fahrzeug kollidiert. Das Gericht stellte fest, dass das Kind die Verkehrsvorschriften verletzt hatte und prüfte die Verantwortlichkeit des Kindes in Abhängigkeit von dessen Alter und Einsichtsfähigkeit.
Laut den rechtlichen Bestimmungen haften Kinder unter 10 Jahren grundsätzlich nicht bei Verkehrsunfällen, es sei denn, sie handeln vorsätzlich. Ab einem Alter von 10 Jahren wird jedoch vorausgesetzt, dass Kinder in der Lage sind, grundlegende Gefahren im Straßenverkehr zu erkennen. Das OLG Hamm entschied, dass auch wenn Autofahrer besondere Vorsicht gegenüber Kindern walten lassen müssen, diese nicht allein verantwortlich sind, wenn grob fahrlässiges Verhalten von Seiten der Kinder vorliegt. In dieser Entscheidung wurde die Betriebsgefahr des Fahrzeugs als Faktor in die Haftungsabwägung einbezogen. Das Gericht erkannte ein Mitverschulden des Kindes an, da es die Gefahr seines Verhaltens hätte erkennen können.
Beide Urteile aus Hamm unterstreichen die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der Haftungsfragen im Falle von Verkehrsunfällen mit Kindern. Sowohl Eltern als auch Autofahrer tragen eine besondere Verantwortung für die Sicherheit im Straßenverkehr und sollten entsprechend sensibilisiert werden.