Die traditionsreiche Gösser Bierklinik in Wien, die seit 459 Jahren bestehend Teil der Wiener Gastronomiekultur war, hat am 6. Januar 2023 ihre Pforten geschlossen. Auf der Website des Lokals wurde verkündet, dass diese unverhoffte Schließung bereits seit einigen Wochen vollzogen ist. Die Gösser Bierklinik, die 1406 erstmals urkundlich erwähnt wurde und seit 1566 als Restaurant in der Steindlgasse 4 betrieben wird, war unter den Wiener Restaurantbetrieben als das älteste noch aktive Lokal bekannt. Trotz einer Bewertung von 4,2 von 5 Sternen bei über 1700 Rezensionen wurden die letzten Rückmeldungen vor der Schließung überwiegend negativ, mit Beschwerden über Qualität und Service. Ob die Schließung dauerhaft ist, bleibt unklar, da die Inhaber noch keine offizielle Erklärung dazu veröffentlicht haben.

Das Gasthaus, unter anderem auch als „Zum Steindl“ bekannt, war seit 1988 im Besitz von Hieronymus Kos, der das Lokal 1998 zuletzt renovierte. Die Geschichte des Gasthauses reicht weit zurück und ist eng mit Wien verbunden. Besonders bemerkenswert ist, dass die Gösser Bierklinik im Jahr der Schließung von der Insolvenz des „Esterházykeller“ folgte, einer weiteren historischen Wiener Gaststätte, die über 350 Jahre in Betrieb war. Während mögliche Gründe wie steigende Kosten, Personalmangel und fehlende Nachfolger diskutiert werden, bleibt die genaue Ursache der Schließung im Dunkeln. Eine Anfrage an die Inhaber ergab zunächst keine Auskunft, sondern nur eine allgemeine automatische Antwort über eine „vorübergehende Schließung“ aufgrund von Umbauarbeiten.

Eine lange Tradition geht zu Ende

Die Gösser Bierklinik hat nicht nur viele Wienerinnen und Wiener über die Jahre bewirtet, sondern war auch ein Ort, der die Kultur des Wiener Gasthauses repräsentiert hat. Laut einem Bericht von Die Presse spielt die Gastronomie in Wien seit jeher eine zentrale Rolle in der Gesellschaft. Die Gasthäuser boten nicht nur Essen und Trinken, sondern waren auch Räume für politische Diskussionen und soziale Interaktionen. Die Gösser Bierklinik war ein Teil dieser Tradition, in der Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten zusammenkamen und sich austauschten.

In der Zeit der Schließung ist das Gastronomieumfeld in Wien von Herausforderungen geprägt. Zu den Laufenden Problemen gehören nicht nur steigende Preise, sondern auch die Auswirkungen der Pandemie und der Fachkräftemangel. Die Vielfalt der Wiener Küche, die im 19. Jahrhundert Form annahm und Gerichte wie das Wiener Schnitzel und die Rindsroulade hervorbrachte, könnte durch solche Schließungen gefährdet werden, da immer mehr gasthäusliche Betriebe ihrer Existenzgrundlage beraubt werden.

Ein Rückblick in die Wiener Gastronomie

Die Gösser Bierklinik und ähnliche Einrichtungen waren nicht nur Orte des Essens, sondern spiegelten auch die soziale Geschichte Wiens wider. Historische Gasthäuser wie Meißl & Schadn blühten durch solche Traditionen auf und ermöglichten es Bürgern, in geselliger Runde zusammenzukommen. Berühmte Persönlichkeiten und auch politische Ereignisse, wie der Mord an Ministerpräsident Karl Graf Stürgkh im Hotelrestaurant Meißl & Schadn, prägen das Bild der Wiener Gasthauskultur nachhaltig.

Mit dem Ende der Gösser Bierklinik geht ein Stück Wiener Geschichte verloren. Die Inhaber könnten bald mehr Informationen zur Schließung bereitstellen, doch bis dahin bleibt die Ungewissheit bestehen. Ein Lokal, das seit Jahrhunderten Teil des kulturellen Erbes war, öffnete nun leider keine Türen mehr für die kommenden Generationen.