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Virtueller Priester in der Kritik: Risiken von KI in der Seelsorge

Kritik an der KI-gesteuerten Kunstfigur "Father Justin", die Ende April von "Catholic Answers" als virtueller Priester zur Beichte und Glaubensfragen ins Netz gestellt wurde, zeigt die komplexen Herausforderungen und ethischen Bedenken beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der katholischen Seelsorge auf.

In der heutigen Zeit wird die Rolle der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Religion immer eindringlicher diskutiert. Ein jüngstes Beispiel brachte die katholische Webseite „Catholic Answers“ mit einem Projekt namens „Father Justin“ ins Rampenlicht. Dieses Experiment stellte einen digitalen Priester dar, der Fragen zum katholischen Glauben beantworten und sogar die Beichte „imitierten“ sollte. Dies rief gemischte Reaktionen hervor und endete schnell, nachdem der Versuch als misslungen eingestuft wurde.

Die kritischen Stimmen

Kritik kam unter anderem von Katholiken, die das Projekt als „skandalisierende Verhöhnung des heiligen Priestertums“ bezeichneten. Nach nur zwei Tagen wurde „Father Justin“ von der Webseite zurückgezogen und als Laientheologe degradiert. Professor Philip Larrey vom Boston College äußerte sein Bedauern darüber, dass „Catholic Answers“ sich zu schnell auf ein so komplexes Projekt eingelassen hatte. Besonders schwerwiegend ist die Meinung von Noreen Herzfeld von der St. John’s University, die anmerkte, dass sich die KI-Figur als Priester ausgegeben habe – eine schwerwiegende Sünde im Katholizismus.

Potenzial von KI in der Seelsorge

{Die grundsätzliche Frage steht im Raum, ob und wie KI in der Pastoral eingesetzt werden kann. Bischof Oscar Cantu aus Kalifornien sieht das Potenzial für Priester und Theologen, jedoch betont er, dass das Spenden der Sakramente eine persönliche Begegnung zwischen Priester und Gläubigen erfordert. Es gehe um eine echte Erfahrung mit Christus, die nicht durch eine künstliche Figur ersetzt werden kann. Daher bleibt die Diskussion um den Einsatz von KI in diesem Bereich komplex und kontrovers.

Erfahrungen von Geistlichen mit KI

Eingehend wird bereits darüber diskutiert, wie Seelsorger KI in ihrer Arbeit nutzen können. Einige Clericals berichten von positiven Erfahrungen mit KI-generierten Predigten, die aufgrund ihrer Inhalte und Struktur überzeugen. Jedoch schwingt oft auch die Sorge mit, dass solche Predigten an Emotionalität und Menschlichkeit missen. Hershael York, Professor am Southern Baptist Theological Seminary, warnt vor dem Fehlen einer „Seele“ in diesen Texten.

Vorsicht vor KI-Experimenten

Tanja Köglmeier, Expertin im Bistum Regensburg, verfolgt aufmerksam die Entwicklungen rund um KI in der Seelsorge. In einer Zeit, in der Programme wie „MagisteriumAI“ zur Beantwortung von Fragen zum kirchlichen Lehramt erstellt werden, warnt sie vor den Risiken. Der Einsatz von KI kann nicht ohne Konsequenzen sein: Was wäre, wenn das KI-Modell falsche oder sogar menschenfeindliche Äußerungen produziert? Hier muss ein klarer Rahmen für die Verantwortlichkeiten geschaffen werden.

Kombination von Mensch und Maschine

Dennoch sieht Köglmeier auch die positiven Aspekte von KI. Sie schlägt vor, dass hybride Lösungen in der Seelsorge denkbar sind, bei denen KI als Unterstützung, jedoch unter der Kontrolle von Menschen dient. Bei allen Überlegungen müsse der Mensch stets im Mittelpunkt stehen, heißt es in ihrem Credo. Die Diskussion über die Verwendung von KI in der Pastoral könnte somit auch zu einer Belebung der theologischen Debatten führen.

Insgesamt zeigt der Vorfall um „Father Justin“, dass der Umgang mit KI in der Religion nicht nur technische Fragen aufwirft, sondern auch tiefgreifende moralische und ethische Überlegungen erfordert. Die Zukunft der Seelsorge könnte von diesen Entwicklungen maßgeblich beeinflusst werden.

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