Thomas Söding, Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum und Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), äußerte sich kürzlich im Rahmen der Mittwochsgespräche im Düsseldorfer Maxhaus über die aktuelle Situation der katholischen Kirche. Er betonte die Bedeutung reformerischer Schritte innerhalb der Kirche und stellte fest, dass die gegenwärtige Schwäche der Kirchen durch gesellschaftliche Megatrends sowie interne Probleme, wie den Missbrauch geistlicher Macht, bedingt sei. Söding setzt sich für die Stärkung der Rechte des Kirchenvolkes ein, um die Herausforderungen, vor denen die katholische Kirche steht, zu bewältigen. Er sieht die Kirche in einer tiefen Verfassungskrise, die durch garantierte Beteiligungsrechte gelöst werden kann.

Söding, der auch an der Weltsynode in Rom teilgenommen hat, verwies auf die Notwendigkeit, eine Reform im Rahmen des Synodalen Weges in Gang zu setzen. Er stellte klar, dass nicht die Bischöfe, sondern vielmehr christliche Politiker in Parlamenten entscheidend für den Wandel sind. Weiterhin berichtete er, dass die von Papst Franziskus geförderte Synodalität nicht als Import parlamentarischer Demokratie in die Kirche verstanden werden sollte, sondern vielmehr darauf abzielt, den ursprünglichen Ansatz der Kirche zu verwirklichen. Diese Bewegungen sollen die christlichen Positionen in gesellschaftlichen Debatten, wie etwa in der Migrationspolitik, stärken.

Der Synodale Weg und seine Herausforderungen

Der Synodale Weg, ein Reformprojekt, das 2019 von den deutschen Bischöfen angestoßen wurde, zielt darauf ab, grundlegende Veränderungen innerhalb der katholischen Kirche vorzunehmen. Dies geschah als Reaktion auf die MHG-Studie, die sexuellen Missbrauch innerhalb der Kirche beleuchtet hat. Die vier Themenblöcke der Synodalforen widmen sich vor allem Macht und Gewaltenteilung, priesterlicher Existenz, Frauen in Diensten und Ämtern sowie dem Leben in Beziehungen. Diese Themen sind entscheidend für die zukünftige Ausrichtung der katholischen Kirche und sollen zu grundlegenden Veränderungen, wie der Priesterweihe von Frauen und der Neubewertung von Homosexualität, führen.

Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, zog nach der vierten Synodalversammlung ein positives Fazit und betonte, dass Entscheidungen mit Signalwirkung für die katholische Kirche getroffen wurden. Bischöfe sowie Laien formulieren Forderungen nach einer Erneuerung des Umgangs mit verschiedenen gesellschaftlichen Themen. Allerdings gab es auch Rückschläge, wie die nicht verabschiedete Empfehlung zur Liberalisierung der Sexualmoral, die zu Verärgerung führte.

Erwartungen und reale Veränderungen

Der Synodale Weg, der bis März 2023 verlängert wurde, hat einen beratenden Charakter, wobei endgültige Entscheidungen den Ortsbischöfen obliegen. Kritiker, darunter Kirchenrechtler und konservative Stimmen, äußern Bedenken hinsichtlich überzogener Erwartungen an die Reformen. Sie betonen die Besonderheiten der katholischen Hierarchie, die möglicherweise nicht so leicht zu ändern sind. Gleichzeitig wird die Notwendigkeit betont, dass Laien und Kleriker aus ihren Komfortzonen herauskommen müssen, um eine zeitgemäße Kirchenstruktur zu entwickeln.

Die kürzlich abgeschlossene zweite Sitzungsperiode der Weltsynode, die Papst Franziskus ins Leben rief, zeigt, dass die Kirche sich in einem umfassenden synodalen Prozess befindet. Der Papst forderte dazu auf, den „Umhang der Verzagtheit“ abzulegen und betonte die moralische Verpflichtung, die Gläubigen in Entscheidungen zu involvieren, auch wenn diese nicht rechtlich bindend sind. Die Herausforderung bleibt, eine klare Richtung für die Synodalität zu entwickeln, wobei unterschiedliche Interpretationen und Spannungen zwischen progressiven und konservativen Ansichten zu erwarten sind.

Insgesamt steht sowohl die Demokratie als auch die katholische Kirche auf dem Prüfstand, während ein neuer Weg der Synodalität geebnet wird. Söding und zahlreiche andere Akteure innerhalb der Kirche setzen sich für eine zukunftsweisende Reform ein, die an den aktuellen gesellschaftlichen Gegebenheiten anknüpfen soll.