Die Dringlichkeit ökologischer Forschung wächst, während weltweit Ökosysteme unter erheblichem Druck stehen. Viele Tier- und Pflanzenarten sind akut bedroht oder sterben aus. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, arbeitet eine internationale Forschungsgruppe mit dem Titel „Mapping evidence to theory in ecology“ daran, die Kluft zwischen ökologischen Studien und der Umsetzung praktischer Lösungen zu überbrücken. Der Abschlussworkshop dieser Forschungsgruppe findet in dieser Woche am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld statt. Hier haben 27 Forscher*innen aus fünf Ländern Erkenntnisse aus verschiedenen Disziplinen wie Ökologie, Philosophie, Datenwissenschaft und Computerlinguistik zusammengetragen. Ihr Ziel: Die Integration von Wissen aus unterschiedlichen Bereichen in praktische Maßnahmen umzusetzen, um den ökologischen Herausforderungen zu begegnen, die viele Länder betreffen.
Dr. Tina Heger, Leiterin der Forschungsgruppe, thematisiert die Schwierigkeiten bei der Zusammenführung der Informationen. Unzugänglichkeit von Wissen, Fehler und Einseitigkeiten, unbrauchbare Datenformate sowie unverständliche Formulierungen sind nur einige der Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Um diesen Problemen zu begegnen, ist die Entwicklung eines digitalen Werkzeugkastens für die ökologische Forschung geplant. Gegenwärtig sind viele wichtige Studienergebnisse nicht digital verfügbar und liegen lediglich in gedruckter Form vor. Die Komplexität der Ökosysteme erschwert zudem den Transfer von Ergebnissen zwischen unterschiedlichen Systemen.
Künstliche Intelligenz als Lösungsansatz
Künstliche Intelligenz (KI) wird zunehmend als vielversprechend angesehen, um Erkenntnisse in der ökologischen Forschung zu erweitern. Sie kann dabei helfen, Tier- und Pflanzenarten besser zu verstehen und deren Biodiversität zu beobachten. Laut einer aktuellen Studie sind in Europa etwa ein Fünftel aller Arten in den kommenden Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Die KI könnte hier entscheidende Zusammenhänge des Artensterbens sowie deren Einfluss auf Ökosysteme besser erfassen. Diese Technologien haben das Potenzial, 79% der Nachhaltigkeitsziele positiv zu beeinflussen, insbesondere solche mit Klima- und Umweltbezug, wie eine Untersuchung zeigt.
Ein Beispiel für die Anwendung von KI findet sich in der Arbeit von Felix Günther, einem Ökologen im Projekt BirdNet. Hier wird die KI eingesetzt, um Vögel anhand ihrer einzigartigen Geräusche zu identifizieren. Audiorekorder erfassen vielseitige Daten über das Leben im Wald, ohne die Tiere zu stören, und die Informationen von Hobby-Ornithologen werden genutzt, um die Datenbasis der KI zu erweitern. Matthias Vahl vom Fraunhofer Institut nutzt KI zur Dokumentation des Laichwegs der gefährdeten Forelle. Mit Hilfe von Videokameras analysiert er 1,4 Millionen Videos zur Lebensweise im Fluss, was es ermöglicht, schneller Antworten auf Fragen zu den Auswirkungen von Staudämmen und Wasserkraftwerken zu erhalten.
Das Ziel des Workshops
Im Rahmen des Abschlussworkshops arbeiten die Fellows zudem an gemeinsamen Veröffentlichungen und Forschungsanträgen, um die Synergien zwischen Ökologie und digitalen Technologien weiter zu stärken. Künstliche Intelligenz wird in diesem Kontext als Schlüsseltechnologie betrachtet, um ökologische Fragestellungen effizient anzugehen. Trotz der Herausforderungen, wie etwa Halluzinationen und Fehler bei großen Sprachmodellen, ist der Einsatz von KI in der ökologischen Forschung vielversprechend, insbesondere wenn es darum geht, komplexe Daten besser zu verarbeiten und zu interpretieren.
Die Integration dieser Technologien könnte maßgeblich dazu beitragen, die Erkenntnisse der Ökologie theoretisch und praktisch miteinander zu verknüpfen und somit aktiv gegen das Artensterben vorzugehen. Während die internationale Forschungsgruppe ihre Arbeit fortsetzt, bleibt die Hoffnung, dass der digitale Werkzeugkasten letztlich dazu beiträgt, sehr viel effektiver auf die Herausforderungen der heutigen Zeit zu reagieren, vor allem im Hinblick auf den Klimawandel und den Verlust der Biodiversität.
Für weiterführende Informationen zu den Zusammenhängen zwischen Künstlicher Intelligenz und ökologischen Fragestellungen besuchen Sie die Webseite der Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.
Für detaillierte Informationen zu den aktuellen Entwicklungen der Forschungsgruppe werfen Sie einen Blick auf den Artikel von Uni Bielefeld sowie auf die umfassenden Erklärungen zur Anwendung von KI im Artenschutz von Tagesschau.