In Aachen hat die Tuchindustrie eine lange und bedeutende Tradition, die ihren Anfang im 12. Jahrhundert nahm und bis zur Schließung der letzten Tuchfabrik Becker im Jahr 2003 reicht. Diese Tradition steht nun unter Druck, da der Import von Kleidung aus Asien in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Infolge dieser Entwicklung haben viele Tuchfabriken und Zulieferer, die zuvor zahlreiche Arbeitsplätze boten, schließen müssen. Einige schließende Fabriken übergaben sogar Maschinen an das Tuchwerk Aachen, um das handwerkliche Erbe zu bewahren.
Allerdings erhält der Verein Tuchwerk keine Unterstützung von der Stadt Aachen, während andere Projekte, wie das „Haus der Neugier“, finanziert werden. Dies könnte dazu führen, dass wertvolle Museumsstücke des Tuchwerks verschrottet werden. Rüdiger Haude, der die historische Bedeutung der Aachener Tuchindustrie für die Industrialisierung in Deutschland betont, kritisiert die Stadtpolitik für ihr mangelndes Engagement in Bezug auf die Erhaltung der Sammlung im Tuchwerk.
Geschichte der Tuchindustrie in Aachen
Die Geschichte der Tuchindustrie in Aachen, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht, war über Jahrhunderte hinweg eng mit anderen Textilzentren wie Eupen, Verviers, Vaals, Monschau und Euskirchen verbunden. In der Blütezeit der Tuchindustrie nutzten rund 250 Tuchfabriken, Spinnereien und Färbereien die Wasserkraft der Aachener Bäche. Historische Bauten, darunter die Stockheider Mühle, die heute Sitz des Tuchwerks Aachen ist, erinnern an diese Zeit.
Die Aachener Tuchindustrie erlebte zu verschiedenen Zeiten wirtschaftliche Auf- und Abstiege. So führte die Einführung mechanischer Maschinen durch William Cockerill im 19. Jahrhundert zu einem sprunghaften Anstieg der Tuchfabriken. Zwischen 1800 und 1812 wuchs die Zahl von 9 auf 93. Doch bereits im Ersten Weltkrieg setzte eine Stagnation ein, die durch die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft im Jahr 1957 und den darauffolgenden Marktöffnungen für Importe weiter verschärft wurde. Letztlich musste die letzte Tuchfabrik im Jahr 2003 schließen.
Über die Dokumentation der Tuchgeschichte wird seit 2004 sowohl in der Wollroute als auch im Tuchwerk Aachen gearbeitet. Die schulische Ausbildung in diesem Bereich fand zudem eine neue Heimat in der Fachhochschule Aachen, nachdem die Textilingenieurschule im Jahr 1971 dorthin überführt wurde. Die Aachener Tuchindustrie, einst ein zentraler Wirtschaftszweig, verlor im Zuge der globalen Veränderungen an Bedeutung und erfuhr umfangreiche Umstrukturierungen und Anpassungen.