Vorfall | Sonstiges |
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Ort | Cuxhaven, Langeoog, Borkum, Friesland |
Die idyllischen Küstenorte an der Nordsee stehen vor einer gewaltigen Herausforderung: Illegale Ferienwohnungen sprießen wie Pilze aus dem Boden und gefährden die Wohnsituation der Einheimischen. Laut einem Bericht von Antenne Niedersachsen sind viele dieser Unterkünfte in Bereichen entstanden, wo Wohnraum eigentlich verboten ist – etwa auf Dachböden oder in Kellern. Die Marketingleiterin der Ostfriesischen Inseln, Anne Heuermann, warnt: „Die Vermietung von Ferienwohnungen bringt deutlich mehr Geld als Dauerwohnraum, was die Eigentümer dazu verleitet, immer wieder nach Schlupflöchern zu suchen.“ Diese Praxis hat gravierende Folgen: Die örtliche Bevölkerung wird verdrängt, die Mietpreise steigen ins Unermessliche, und die Unternehmen leiden unter dem Mangel an Wohnraum für ihre Mitarbeiter.
Die Situation ist besonders angespannt. Immer weniger Einheimische finden eine feste Bleibe, während die Zahl der Touristen in die Höhe schnellt. Heuermann berichtet, dass die ostfriesischen Inseln und die niedersächsische Küste unter einem akuten Wohnraummangel leiden. In Cuxhaven, das kürzlich in die „Gebietskulisse der angespannten Wohnungsmärkte“ aufgenommen wurde, können nun Mieterhöhungen begrenzt werden, und die Stadt erhält das Vorkaufsrecht für unbebaute Grundstücke. Doch das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Der Zwiespalt der Kommunen
Die betroffenen Kommunen stehen vor einem Dilemma: Einerseits müssen sie bezahlbaren Wohnraum für die ansässige Bevölkerung schaffen, andererseits ist der Tourismus ein entscheidender Wirtschaftsfaktor in dieser strukturschwachen Region. Simone Starke vom Landkreis Cuxhaven beschreibt die prekäre Lage: „Bezahlbarer Wohnraum und Flächenverbrauch stehen im direkten Wettbewerb zum Tourismus.“ Ein Beispiel für diese Entwicklung ist die Gemeinde Langeoog, wo die Bevölkerung zwischen 2011 und 2022 um 25 Prozent gesunken ist, während die Zahl der Urlaubsgäste im Jahr 2022 bei rund 562.000 lag.
Um gegen die illegalen Unterkünfte vorzugehen, haben viele Kommunen ihre Baugesetze geändert. Heuermann erklärt, dass diese Maßnahmen notwendig sind, da weiterer Ferienwohnungsbau nicht gewünscht ist. „Es gibt Regelungen, die es den Kommunen ermöglichen, unzulässige Unterkünfte zu verbieten und Bußgelder zu verhängen“, so Philipp Koenen, Pressesprecher des Landkreises Leer. Doch die Realität sieht anders aus: Die Behörden haben oft nicht genug Personal, um aktiv gegen die illegalen Vermietungen vorzugehen. Im Landkreis Cuxhaven wurden seit dem 1. Januar 2022 lediglich fünf Fälle bearbeitet, und Bußgelder wurden nicht verhängt.
Ein unübersichtliches Problem
Die meisten Orte und Landkreise haben keinen Überblick über die tatsächliche Zahl der illegalen Ferienwohnungen, da nur auf Hinweise hin gehandelt wird. Tanja Freesemann vom Landkreis Friesland bestätigt: „Die Anzahl der Ordnungswidrigkeitsverfahren ist aktuell noch gering.“ Das bedeutet, dass die illegalen Vermieter kaum mit Konsequenzen rechnen müssen. Die Situation ist nicht nur für die Einheimischen frustrierend, sondern auch für die Kommunen, die versuchen, eine Balance zwischen Tourismus und Wohnraumbedarf zu finden.
Die Zukunft der Küstenorte hängt von der Fähigkeit ab, diese Herausforderungen zu meistern. Der Druck auf den Wohnungsmarkt wird weiter steigen, wenn nicht schnell und effektiv gehandelt wird. Die Kommunen müssen kreative Lösungen finden, um sowohl den Bedürfnissen der Einheimischen als auch den Anforderungen des Tourismus gerecht zu werden. Wie lange können die Ferienorte noch im Zwiespalt zwischen wirtschaftlichem Nutzen und sozialer Verantwortung bestehen?