Ein erstes Missbrauchsopfer der katholischen Kirche in Niedersachsen hat ein gerichtliches Schmerzensgeldverfahren gegen das Bistum Hildesheim angestrengt. Die Klage wurde Ende vergangener Woche beim Landgericht Hildesheim eingereicht, wie die Betroffeneninitiative Hildesheim am Donnerstag mitteilte. Der Kläger strebt ein Schmerzensgeld von mindestens 400.000 Euro an und verlangt zudem, dass das Bistum alle künftigen materiellen Schäden wie Heilbehandlungskosten, Verdienstausfall oder Rentenverringerungen ersetzt.
Das Opfer, das zum Tatzeitpunkt jünger als 14 Jahre alt war, betrachtet die Leistungen der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) der katholischen Bistümer nicht als angemessene Wiedergutmachung. Der Kläger möchte als schwerer Fall anerkannt werden und eine Summe von mehr als 50.000 Euro erhalten. Bisherige Versuche, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, wurden vom Bischof Heiner Wilmer abgelehnt, der außergerichtliche Einigungen als „Mauschelei“ bezeichnete.
Ein Sprecher des Bistums Hildesheim gab an, dass die Klageschrift noch nicht bei der Kirchenverwaltung eingegangen sei. Er erklärte, dass dem Missbrauchsopfer bereits Geld als Anerkennung des erlittenen Leids durch die UKA zugesprochen wurde. Der Kläger habe nun das Recht, den Klageweg zu beschreiten. In ähnlicher Weise wurde am selben Tag eine Klage eines Missbrauchsopfers aus dem Bistum Trier bekannt gegeben, wobei der Verein der Missbrauchsopfer und Betroffenen im Bistum Trier bereits weitere Klagen angekündigt hat.
Beide Kläger orientieren sich an einem wegweisenden Urteil des Kölner Landgerichts aus dem Juni 2023, bei dem einem Opfer 300.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen wurden. Dieser Mann war in den 1970er Jahren als Messdiener über viele Jahre von einem Priester sexuell missbraucht worden. Das Kölner Urteil gilt als erste Gerichtsentscheidung dieser Art und dient als Richtlinie für weitere Missbrauchsopfer, die eine angemessene Entschädigung fordern.