Ein internationales Forschungsteam, an dem die Universität Göttingen beteiligt ist, hat kürzlich die Ergebnisse seiner Untersuchungen zu menschlichen Überresten aus der Maszycka-Höhle in Südpolen veröffentlicht. Diese Studie, die in der Fachzeitschrift Scientific Reports erschien, zeigt, dass die Überreste Manipulationsspuren aufweisen, die auf systematische Zerlegung und sogar Kannibalismus hindeuten. Nach Angaben von uni-goettingen.de ist die Maszycka-Höhle eine bedeutende Fundstätte aus der späten Altsteinzeit.
Die archäologische Stätte, die sich im Nationalpark Ojców befindet, erstreckt sich westlich des Dorfes Maszyce, etwa 20 km nördlich von Krakau. Als eine der bedeutendsten Magdalénien-Fundstätten in Mitteleuropa bietet die Höhle einen reichhaltigen Fundus an Artefakten. Dies umfasst Steingeräte, Knochenspitzen und Reste von Jagdbeuten sowie menschliche Knochen, was die kulturelle Bedeutung dieser Höhle unterstreicht. Die Untersuchung umfasste insgesamt 63 Knochen von zehn Individuen, die auf ein Alter von vor 18.000 Jahren datiert wurden.
Zeichen von Gewalt und Ressourcenkonflikten
Von den untersuchten Überresten wurden 36 Fälle von Schnittspuren identifiziert, die auf eine Zerlegung nach dem Tod hinweisen. Besonderes Augenmerk wurde auf Schädelfragmente und zerschlagene lange Knochen gelegt, die offensichtlich zur Gewinnung von Knochenmark aufgebrochen wurden. Die Interpretation dieser Ergebnisse legt nahe, dass es sich um gewaltsamen Kannibalismus handeln könnte, der nicht aus Mangel an Nahrung, sondern möglicherweise aus Konflikten um Ressourcen und Territorien nach dem Kältemaximum der letzten Eiszeit resultierte.
Die menschlichen Überreste wurden in der Höhle zwischen Siedlungsabfällen gefunden, was auf einen respektlosen Umgang mit den Toten und einen Mangel an ritueller Bestattung hindeutet. Dies könnte den sozialen und kulturellen Kontext der damaligen Gesellschaften widerspiegeln und bietet wertvolle Einblicke in die gruppendynamischen Prozesse dieser späteiszeitlichen Gemeinschaften.
Überblick über die urgeschichtliche Maszycka-Höhle
Die Maszycka-Höhle, deren Eingang etwa sechs Meter breit ist und nach Süd-Südwest ausgerichtet ist, verfügt über zwei Kammern mit einer Gesamtgröße von etwa 53 m³. In den ersten Ausgrabungen zwischen 1883 und 1884 unter Gotfryd Ossowski wurden umfangreiche Funde dokumentiert, darunter zahlreiche Steinwerkzeuge, die der Magdalénien-Epoche zugeordnet werden. In den 1960er-Jahren wurden weitere Forschungen durchgeführt, die ungestörte Bodenschichten entdeckten.
Eine Analyse von 2012 ergab ein unkalibriertes Alter von 15.000 Jahren für die menschlichen Überreste. Diese Funde könnten auf mindestens neun Individuen hinweisen, darunter vier Erwachsene und fünf Kinder. Bei den Untersuchungen wurden auch kulturelle Änderungen an den Knochen bemerkt, die auf verschiedene Bearbeitungstechniken wie Entfleischung oder das Entnehmen des Gehirns hinweisen. wikipedia.org stellt allerdings fest, dass es keine gesicherten Hinweise auf einen großflächigen Kannibalismus oder spezifische rituelle Praktiken gibt.
Die Ergebnisse aus der Maszycka-Höhle erweitern das Verständnis über die Lebensweise und die sozialen Strukturen der Magdalénien-Gesellschaften, die zwischen ca. 20.000 und 14.500 Jahren vor heute existierten. Laut herder.de beinhaltete ihr Lebensstil eine nomadisierende Wirtschaft, die stark auf die Jagd großer Herdentiere, wie Wildpferde und Rentiere, ausgerichtet war. Die Funde aus dieser Zeit zeugen nicht nur von ihren Jagdmethoden, sondern auch von den sozialen Dynamiken, die zu Konflikten innerhalb dieser Gemeinschaften führten.