Leon Weintraub, ein 99-jähriger Holocaust-Überlebender, hat in einem offenen Brief an den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz scharfe Kritik geübt. Wie ksta.de berichtet, fordert Weintraub „dringende Korrekturen“ in der deutschen Migrationspolitik, lehnt jedoch die „verfassungswidrige und rechtsradikale Form“ ab, die derzeit diskutiert wird. Der Brief, der in der „taz“ veröffentlicht wurde, bezieht sich auf das gescheiterte „Zustrombegrenzungsgesetz“, welches im Bundestag abgelehnt wurde, nachdem es durch einen Unions-Antrag mit den Stimmen der AfD verabschiedet wurde.

Weintraub, der aus einer jüdischen Familie in Lodz stammt und Auschwitz-Birkenau überlebte, macht in seinem Schreiben deutlich, dass er an Merz appelliert, nicht auf die „Lockrufe der Rechten“ zu hören. Er fordert den CDU-Politiker auf, das Asylrecht als Menschenrecht zu respektieren und sich von erechtsradikalen Parteien abzuwenden. Weintraub bezeichnet das abgelehnte Gesetz als „menschenfeindlich“ und warnt vor Fremdenfeindlichkeit sowie gesellschaftlicher Polarisierung.

Kritik am Zustrombegrenzungsgesetz

Das Zustrombegrenzungsgesetz wird aktuell in der Öffentlichkeit diskussioniert, insbesondere aufgrund der seinerseits geäußerten Fremdenfeindlichkeit. taz.de berichtet, dass die Grünen zwei entscheidende Begriffe aus dem Gesetz entfernt haben, die aber wieder eingefügt werden sollten: „Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern“. Der aktuelle Gesetzestext beziehe sich nur noch auf die Steuerung eines unbegrenzten Zuzugs. Zudem soll der Familiennachzug für Personen mit subsidiärem Schutz bis auf Weiteres beendet werden, was mit der Notwendigkeit begründet wird, mehrere Millionen Asylbewerber zu integrieren.

Das Gesetz sieht außerdem vor, dass die Bundespolizei Befugnisse erhalten soll, um nicht aufenthaltsberechtigte Ausländer festzusetzen. Die Befürworter des Gesetzes betonen jedoch, dass es keinen Raum für Rassismus oder Ausländerfeindlichkeit lasse und keine Grenzschließungen beabsichtigt seien. Dennoch wird in der öffentlichen Debatte klar, dass das Gesetz kaum etwas am Zustrom von Asylbewerbern ändern würde.

Reaktionen von Überlebenden und Zeitzeugen

Die politische Debatte um die Migrationspolitik hat auch andere Holocaust-Überlebende wie Albrecht Weinberg betroffen. Wie tagesschau.de berichtet, kündigte Weinberg an, sein Bundesverdienstkreuz zurückzugeben, nachdem ein Unionsantrag zur Verschärfung der Migrationspolitik mit Stimmen der AfD im Bundestag verabschiedet wurde. Er bezeichnete seine Entscheidung als spontan und drückte sein Unverständnis darüber aus, wie die Zustimmung des Bundestags zum Fünf-Punkte-Plan der Union zustande gekommen ist.

Auch der Fotograf Luigi Toscano plant, seine Ehrung von 2021 zurückzugeben. Gemeinsam mit Weinberg zieht er in Erwägung, entweder vom Bundespräsidenten empfangen zu werden oder die Auszeichnungen in dessen Briefkasten zu werfen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bereits angekündigt, die beiden Überlebenden zu einem Gespräch einzuladen. Das Internationale Auschwitz-Komitee zeigt Verständnis für die Entscheidungen von Weinberg und Toscano, während die Diskussion um die Migrationspolitik und die damit verbundenen Gesetze weitergeht.

Weintraub selbst, der nach dem Krieg in Göttingen Medizin studierte und als Gynäkologe in Warschau arbeitete, hält seit vielen Jahren Vorträge als Zeitzeuge der NS-Zeit. Diese Veranstaltungen werden häufig vom Maximilian-Kolbe-Werk in Freiburg organisiert und dienen dazu, die Erinnerung an die Schrecken des Holocaust aufrechtzuerhalten und als Mahnung gegen gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklungen zu wirken.