In der Stadt Emden brodelt es gewaltig! Der geplante Abriss historischer Wohnhäuser in der Ligariusstraße sorgt für hitzige Debatten und spaltet die Gemüter. Während einige die Notwendigkeit neuer, energieeffizienter Gebäude betonen, stehen andere fassungslos vor der Frage: Wie kann man diese schönen, geschichtsträchtigen Häuser abreißen? Schließlich hat Emden bereits einen großen Teil seiner historischen Bausubstanz im Krieg verloren. Der Denkmal-Experte Hermann Schiefer erklärt, dass die betroffenen Gebäude nicht unter Denkmalschutz stehen, da sie in der Nachkriegszeit stark verändert wurden. „Die hübschen Giebel wurden abgebaut und das Dach vereinfacht“, so Schiefer, was zur Entscheidung führte, diese Häuser nicht als Baudenkmal auszuweisen, wie NWZonline berichtete.
Doch was sind die Kriterien für den Denkmalschutz? Schiefer erläutert, dass das Denkmalschutzgesetz des Landes vier Hauptkriterien anführt, die im Einzelfall abgewogen werden müssen. Es geht um die geschichtliche, künstlerische, wissenschaftliche oder städtebauliche Bedeutung eines Gebäudes. Jeder Bürger kann beim Landesamt für Denkmalpflege anfragen, ob ein Gebäude als Denkmal eingestuft werden könnte. Doch viele Kommunen scheinen diese Möglichkeit nicht zu nutzen und warten darauf, dass externe Vorschriften den Erhalt historischer Gebäude anordnen.
Die Verantwortung der Kommunen
Schiefer kritisiert, dass die Kommunen oft nicht genug unternehmen, um historische Gebäude zu schützen. „Das Baurecht gibt ihnen viele Möglichkeiten“, sagt er. So könnten sie im Bebauungsplan erhaltenswerte Gebäude benennen oder sogar eine Instandsetzung anordnen. Stattdessen verlassen sie sich häufig auf externe Vorgaben und schieben die Verantwortung ab. „Ich wünsche mir, dass Denkmalschutz wieder als Gemeinschaftsaufgabe verstanden wird“, fügt er hinzu.
Die Situation in Oldenburg ist ähnlich alarmierend. Auch hier wurden historische Gebäude ohne Rücksicht auf die Vergangenheit abgerissen. Schiefer beschreibt Oldenburg als ein trauriges Beispiel, wo mehr abgerissen wurde, als der Krieg zerstört hat. „Die Innenstadt war völlig intakt, und dann wurde die moderne Stadt ausgerufen“, so Schiefer. Ein ganzes Straßenbild mit mittelalterlichen Fachwerkhäusern wurde für ein Hallenbad geopfert, das heute nicht mehr existiert. Die Nachkriegsbauten sind oft kurzlebig und verschwenderisch, was in Zeiten knapper Ressourcen nicht tragbar ist, wie NWZonline berichtet.
Ein Aufruf zum Umdenken
Schiefer appelliert an die Verantwortlichen, die graue Energie, die in historischen Gebäuden steckt, nicht leichtfertig zu verschwenden. „Ein historisches Gebäude durch einen energieeffizienten Neubau zu ersetzen, mag sich für den Investor rechnen, doch die Allgemeinheit trägt die versteckten Kosten“, warnt er. Der Verlust von Baustoffen und die damit verbundenen Umweltauswirkungen werden in der Energiebilanz des Neubaus nicht berücksichtigt. „Wir sollten viel mehr auf den Bestand schauen“, fordert Schiefer und sieht darin eine Chance für den Erhalt historischer Häuser.
Die Debatte um den Denkmalschutz und den Erhalt historischer Gebäude ist also nicht nur eine Frage der Vergangenheit, sondern auch der Zukunft. Es ist an der Zeit, dass Städte wie Emden und Oldenburg ihre Verantwortung ernst nehmen und die Schönheit ihrer Geschichte bewahren, bevor es zu spät ist.