Die Neustadter Stadtverwaltung hat am 20. Januar die neuen Grundsteuerbescheide verschickt, was in der Bevölkerung zahlreiche Fragen aufwirft. Bürgermeister Stefan Ulrich berichtete von einer Vielzahl an Bürgeranfragen, die sowohl telefonisch als auch per E-Mail eingegangen sind. Der Hebesatz der Grundsteuer B wurde von 550 auf 620 Prozent erhöht, während der für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke von 330 auf 490 Prozent stieg. Diese Erhöhung der Hebesätze dient dem Ziel, Einnahmeausfälle zu verhindern und trifft insbesondere Privatgrundstücke, während gewerbliche Grundstücke tendenziell entlastet werden. Die Stadtverwaltung hat sich personell auf die vielen Anfragen vorbereitet, und drei Mitarbeiterinnen sind während der Sprechzeiten kontinuierlich am Telefon erreichbar.
In den ersten Tagen nach der Zustellung der Bescheide wurden bereits 35 Widersprüche eingereicht. Viele dieser Widerspruchsführer hatten zuvor bereits dem Steuermessbescheid des Finanzamts widersprochen. Die 30-tägige Frist für Einsprüche beginnt mit der Zustellung des Bescheids. Ulrich bat die Bürger um Geduld, da noch 180 bis 200 E-Mails zu beantworten seien, und geht davon aus, dass die Antworten zeitnah bei den Bürgern eintreffen werden. Die Steuerabteilung der Stadt hat auf mögliche Unplausibilitäten der Bescheide geachtet.
Juristischer Rahmen und erste Klagen
Die Grundsteuerreform hat in Deutschland bereits Ende 2022 erste Klagen ausgelöst. In Baden-Württemberg reichten der Bund der Steuerzahler und andere Verbände Klagen gegen Grundsteuerwertbescheide ein, um die Verfassungsmäßigkeit des neuen Landesgrundsteuergesetzes zu klären. Kritisiert wird vor allem die Ungenauigkeit des Bodenrichtwerts sowie die vergleichbaren Grundsteuerwerte für unterschiedliche Immobilientypen. Ein Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 11. Juni 2024 stellte fest, dass das Landesgrundsteuergesetz verfassungsgemäß ist, auf das Revision beim Bundesfinanzhof jedoch zugelassen wurde.
In Rheinland-Pfalz und Berlin sind ebenfalls Musterklagen anhängig. Hierbei werden vor allem die Feststellungen des Grundsteuerwertes zum 1. Januar 2022 angefochten. Die Klagen zielen darauf ab, die neue Grundsteuerformen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. Eine Aussetzung der Vollziehung der Grundsteuerwertbescheide wurde vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz beschlossen, was das Verfahren vorerst aufhält.
Problematik der Grundstücksbewertung
Ein weiteres Problem, das durch die Reform sichtbar wird, sind die pauschalen Mieten und Bodenrichtwerte, die die Grundstückswerte beeinflussen. In einigen Städten wie Düsseldorf und Köln gibt es konkrete Beispiele, bei denen kleinere Wohnungen höhere Grundsteuerwerte aufweisen als größere. Diese Ungerechtigkeiten und die uneinheitlichen Bewertungen führen zu weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen.
Haus & Grund Deutschland und der Bund der Steuerzahler unterstützen Klagen, die sich gegen die Bewertung von Grundstücken im Rahmen der Grundsteuerreform richten. Während die rechtliche Auseinandersetzung weiterhin andauert, wird empfohlen, dass Betroffene Einspruch gegen ihre Grundsteuerwertbescheide einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die bevorstehenden Gerichtsentscheidungen auf die Bürger und die Kommunen auswirken werden.
Für alle Beteiligten bleibt die rechtliche Lage bis auf weiteres unklar und könnte bis 2025 unverändert bleiben. Es ist wichtig, informiert zu sein und gegebenenfalls rechtliche Schritte zu unternehmen, um die eigenen Interessen zu wahren.
Für mehr Informationen über die Einspruchsmöglichkeiten und Musterklagen steht die Plattform von Finanztip zur Verfügung. Zudem gibt es bei Haus & Grund weitere Materialien zu den laufenden Verfahren.
Links zur Berichterstattung: Rheinpfalz, Finanztip, Haus & Grund.