In der aktuellen Debatte um Antisemitismus und Wissenschaftsfreiheit hat der Autor Simon Kießling mit seinem neuen Buch für Aufsehen gesorgt. Er beleuchtet das Thema „Juden“ aus einer Perspektive, die in der neurechten Szene oft tabuisiert wird. Laut Freilich Magazin betrachtet Kießling das Judentum als Teil einer Realgeschichte, die das jahrtausendelange Wandern der Juden durch die Weltgeschichte umfasst. Dabei stellt er das „Sendungsbewusstsein“ des jüdischen Volkes in den Mittelpunkt.

Kießling beschreibt die Israeliten als auserwähltes Volk, dessen Auftrag es sei, andere Völker von Götzendiensten zu befreien. Dies geschieht allerdings anhand des Alten Testaments, während moderne Geschichtswissenschaft vernachlässigt wird. Er skizziert eine zyklische Leidensgeschichte der Juden, die eng mit dem Aufstieg und Niedergang von Zivilisationen verbunden ist und die Juden als Katalysatoren für große zivilisatorische Umbrüche darstellt. Diese Schilderungen finden jedoch sowohl Zustimmung als auch Kritik.

Politische Reaktionen auf Antisemitismus

In diesem Kontext hat der Bundestag am heutigen Tag einen interfraktionellen Antrag mit dem Titel „Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken“ angenommen, wie Forschung und Lehre berichtet. Der Antrag zielt darauf ab, den relativierenden Umgang mit Antisemitismus zu kritisieren und fordert die Umsetzung einer Definition, die auf der Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) basiert, die auch Antisemitismus gegen den Staat Israel umfasst.

FDP-Abgeordnete Anikó Glogowski-Merten spricht sich für die Einbindung dieser Definition in Schulen und Hochschulen aus. Der Antrag betont den Verfassungsrang der Wissenschaftsfreiheit und fordert, dass Hochschulen und Schulen unterstützt werden, um jüdisches Leben zu schützen. Dies umfasst auch Maßnahmen wie Exmatrikulationen in schwerwiegenden Fällen.

Grenzen der wissenschaftlichen Debatte

Die Bundestagsresolution wird als Reaktion auf den wachsenden israelbezogenen Antisemitismus verteidigt, die jedoch auch Fragen zu den Grenzen des Sagbaren in Wissenschaft und Gesellschaft aufwirft. Kritiker befürchten, dass die Resolution zu einer Normierung des politischen Diskurses führen könnte. Die Auseinandersetzung mit Antisemitismus an Hochschulen ist ein ernstzunehmendes Thema, auch wenn Vorfälle seltener sind als in anderen Bereichen, wie Jüdische Allgemeine anmerkt.

Die Diskussion um Kießlings Werk und die Bundestagsresolution reflektiert die größeren Herausforderungen im Umgang mit moralischen Überzeugungen, akademischer Freiheit und gesellschaftlicher Verantwortung. Hochschulen stehen vor der Aufgabe, einerseits Antisemitismus entschieden zu bekämpfen und andererseits eine kritische Debatte über Israel zu ermöglichen.

Die Resultate zeigen ebenfalls, dass eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Begriff Antisemitismus unerlässlich ist. Kießlings Thesen und die politische Maßnahmen fordern alle Beteiligten heraus, sich mit diesen komplexen Themen auseinanderzusetzen und Raum für offene Debatten zu schaffen, ohne dass eine Seite ausgegrenzt wird.