Das Ellwanger Landgericht hat am 23.01.2025 in einem aufsehenerregenden Fall entschieden, der die Psyche der Angeklagten und die Rechte der betroffenen Familie in den Fokus rückt. Eine 34-jährige Frau aus Aalen wurde wegen versuchten Mordes an ihrer eigenen Tochter angeklagt. Der Fall erlangte öffentliche Aufmerksamkeit, als bekannt wurde, dass die Frau im Sommer 2024 während eines Umgangsbesuchs im Kinderheim ihre vierjährige Tochter mit einer Schreckschusspistole und einem Messer schwer verletzte.

Die Frau war zudem angeklagt worden, weil sie das Vorhaben hatte, ihre beiden Kinder, einen 13-jährigen Sohn und die vierjährige Tochter, widerrechtlich aus dem Heim mitzunehmen. Nach dem Scheitern dieses Plans schloss sie sich mit der Tochter in einer Toilette ein und versuchte, die junge Mutter zu töten. Nach der Tat flüchtete die Angeklagte mit ihrem Sohn und wurde schließlich bei Zwickau verhaftet. Seither befindet sie sich im Zentrum für Psychiatrie in Bad Schussenried.

Urteilsfindung und psychiatrische Einschätzung

Während des Prozesses kam der Vorfall auf der Ipfmesse zur Sprache, bei dem die Angeklagte den Vater ihrer Tochter beleidigte. Der psychiatrische Gutachter Dr. Tobias Hölz übernahm die Darstellung der Vorgeschichte der Angeklagten, die eine schwierige Kindheit hinter sich hat, geprägt von Alkoholmissbrauch des Vaters und körperlicher Misshandlung. Trotz dieser schwierigen Umstände hatte die Angeklagte eine positive Beziehung zu ihren Großeltern, die sie bei der Betreuung ihrer Kinder unterstützten.

Im Rahmen der Verhandlung wurde die Entscheidung des Gerichts bekannt, die Angeklagte wegen Schuldunfähigkeit freizusprechen. Der Gutachter stellte fest, dass die Frau an wahnhaften Störungen leidet, die schwer medikamentös zu behandeln sind. Er empfahl daher eine dauerhafte Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik, da er eine erhebliche Wahrscheinlichkeit sah, dass sie erneut eine schwere Straftat begehen könnte.

Der Oberstaatsanwalt plädierte auf Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik, bemerkte jedoch einen freiwilligen Rücktritt von der Tötungsabsicht. Auf der Gegenseite forderte der Verteidiger einen Freispruch und einen Verzicht auf die Unterbringung, da die Angeklagte keine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle. Letztlich entschied die Kammer, die Angeklagte in einer psychiatrischen Klinik unterzubringen, bis diese eine Freilassung für möglich hält.

Rechtliche Grundlagen der Unterbringung

Die maßgeblichen rechtlichen Grundlagen für die Unterbringung in psychiatrischen Einrichtungen sind im Strafgesetzbuch und Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt, insbesondere in den Paragraphen 63 und 64 StGB sowie § 1906 BGB. Diese bestimmen, unter welchen Voraussetzungen eine Unterbringung in geschlossenen Einrichtungen oder psychiatrischen Krankenhäusern angestoßen werden kann, wobei eine erhebliche Gefährdung für andere oder sich selbst immer ein entscheidendes Kriterium darstellt.

Im vorliegenden Fall wird die Unterbringung als Maßregelvollzug bezeichnet, die in speziell dafür eingerichteten forensischen Kliniken stattfindet. Hierbei ist eine kontinuierliche Beobachtung und mögliche Sicherungsmaßnahmen notwendig, um die Sicherheit sowohl der Patientin als auch der allgemeinen Öffentlichkeit zu gewährleisten. Solche Maßnahmen können auch die Einschränkung des Aufenthalts im Freien oder die Absonderung in gesicherten Räumen umfassen.

Die Häufigkeit von Zwangsunterbringungen in Deutschland liegt bei 17,7 Prozent an stationären Episoden, was im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hoch ist. Diese statistischen Daten verdeutlichen die Herausforderungen im Umgang mit psychisch erkrankten Personen und den rechtlichen Anforderungen, die dabei unter Berücksichtigung des Wohl des Einzelnen und der Gesellschaft notwendig sind.

Das Urteil des Ellwanger Landgerichts bestätigt die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung von psychischen Erkrankungen im Kontext von Straftaten und der rechtlichen Handlungsmöglichkeiten, die in solch komplexen Fällen zur Anwendung kommen müssen.

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