Am 31. Januar 2025 sorgte die Brandenburger Linke mit einer umstrittenen Fotomontage für Aufsehen. Diese zeigte den CDU-Chef Friedrich Merz vor dem AfD-Signet, eine Provokation, die Bezug nahm auf die Geschichte des 1977 von der RAF ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer. In der Montage war Merz, dessen Bild das von Schleyer ersetzte, mit einer Waffe abgebildet. Der Schriftzug wurde in „Seit 2 Tagen Gefangener der AfD“ geändert. Der Beitrag stieß auf breite Kritik und wurde umgehend gelöscht. Der Linke-Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberg räumte ein, dass der Post aufgrund von Rückmeldungen als unangemessen erkannt wurde. Die Fotomontage war zeitgleich auch in einem Live-Ticker der „Bild“-Zeitung zur Migrationsdebatte im Bundestag sichtbar.
Im Bundestag wurde an diesem Tag ein Gesetzentwurf der Union zur Eindämmung der Migration diskutiert. Die Stimmen der AfD spielten hierbei eine entscheidende Rolle. Erst am Mittwoch zuvor hatten die Christdemokraten mit Unterstützung der AfD einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik durchgesetzt. Diese Gesetzesänderung sieht vor, dass Asylsuchende an den deutschen Grenzen zurückgewiesen werden können, hat jedoch nur Appellcharakter.
Politische Reaktionen und Proteste
Die Kontroversen um die Zusammenarbeit zwischen der Union und der AfD wurden auch von Angela Merkel scharf kritisiert. Die ehemalige Kanzlerin bezeichnete die Abstimmung im Parlament als „falsch“ und warf Merz vor, ein wichtiges Versprechen gebrochen zu haben. Er solle Mehrheiten mit den etablierten Parteien suchen und nicht mit der AfD. Merkel forderte die demokratischen Parteien auf, zusammenzuarbeiten, um gewalttätige Angriffe, wie sie in Magdeburg und Aschaffenburg stattfanden, zu verhindern.
Die Kritik an Merz geht über parteipolitische Differenzen hinaus. Holocaust-Überlebender Albrecht Weinberg gab aus Protest gegen die politischen Entwicklungen seine Bundesverdienstmedaille zurück. Auch Michel Friedman, ein ehemaliges Mitglied des CDU-Präsidiums, trat aus der Partei aus. Berlin Bürgermeister Kai Wegener äußerte ebenfalls sein Unbehagen über die Kooperation mit der AfD, indem er betonte, dass unter seiner Führung keine Zusammenarbeit mit dieser Partei stattfinden werde.
Tausende Menschen protestierten am Donnerstag vor dem CDU-Parteihauptquartier in Berlin. Die Polizei sah sich gezwungen, die Mitarbeiter zur frühzeitigen Beendigung der Arbeit zu drängen. Merz bezeichnete die Protestierenden als überreagierend und erklärte, dass das Demonstrationsrecht seine Grenzen habe.
Der Kontext der politischen Veränderung
Diese Entwicklungen sind Teil eines grundlegenden Umbruchs in der politischen Landschaft Europas, wie verschiedene Analysen zeigen. Seit den 1990er Jahren hat sich der Parteienwettbewerb erheblich verändert, wobei rechtspopulistische Parteien immer stärker in Erscheinung treten und traditionelle politische Lager aufspalten. Die globalen Herausforderungen und die damit verbundene Unsicherheit haben diesen Aufstieg begünstigt. Verlierer der Globalisierung neigen häufig zu rechten Parteien, während die Gewinner eher linke Ansichten vertreten.
In Deutschland sieht es derzeit so aus, als ob der „Cordon Sanitaire“ gegenüber der AfD weiterhin besteht, sodass eine Regierungsbeteiligung dieser Partei noch nicht in Sicht ist. Gleichwohl hat die permanente Ausgrenzung von Seiten der etablierten Parteien zur Radikalisierung innerhalb der AfD beigetragen. Beobachter warnen vor den Gefahren für die Demokratie, die daraus resultieren, dass das Verständnis von Gewaltenteilung und Minderheitenrechten als Eingriffe in das Herrschaftsrecht der Mehrheit missverstanden wird.
Die in der aktuellen politischen Debatte spürbaren Spannungen stellen somit nicht nur ein innerhalb Deutschlands existierendes Problem dar, sondern sind Teil einer umfassenderen Veränderung, die sich auch auf europäischer Ebene abzeichnet. Entscheidungen, wie die von Merz, könnten weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen.
Für weitere Informationen zu den politischen Entwicklungen lesen Sie bitte LN Online, CNN und Spektrum.