Friedrich Merz, der Unionskanzlerkandidat und CDU-Chef, hat sich erneut zur Zukunft der deutschen Stahlindustrie geäußert und dabei eine kontroverse Position zur Wasserstofftechnologie eingenommen. Auf der Betriebsrätekonferenz in Bochum äußerte er erhebliche Zweifel an der aktuellen deutschen Wasserstoffstrategie, die als Schlüssel zur nachhaltigen Stahlproduktion gilt. Merz stellte die Frage, woher der nötige Wasserstoff kommen solle, und kritisierte die fehlende Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen. Laut seiner Einschätzung könnten sich die Produktionskosten für Stahl um bis zu 300 Euro pro Tonne erhöhen, was die Wettbewerbsfähigkeit der Branche gefährden würde. rp-online.de berichtet, dass Merz realistische Ziele für eine nachhaltige Stahlproduktion fordert, um die Aspekt der Wirtschaftlichkeit und der Arbeitsplätze in diesem Sektor zu berücksichtigen.
In seiner Ansprache betonte Merz die Notwendigkeit, die Stahlproduktion in Deutschland zu erhalten. Trotz seiner Unterstützung für innovative Ansätze wie Wasserstofftechnologie äußerte er Skepsis gegenüber einem zügigen Umstieg auf wasserstoffbetriebene Stahlwerke. Diese Skepsis wurde von verschiedenen Seiten als bedenklich wahrgenommen. Kanzler Olaf Scholz warnte eindringlich vor einer düsteren Zukunft für die deutsche Stahlindustrie, sollte es an staatlicher Unterstützung fehlen.
Politische Reaktionen
Wirtschaftsminister Robert Habeck und die IG Metall nahmen Merz‘ Äußerungen für ihre kritischen Aussagen in Bezug auf die Verteidigung von Arbeitsplätzen in der Stahlbranche. Habeck bezeichnete die Äußerungen Merz‘ als „Schlag ins Gesicht der Beschäftigten“ und beschrieb sie als verantwortungslos. Er warnte davor, dass der Mangel an grünem Stahl ernsthafte Arbeitsplatzverluste und einen Verlust ganzer Wertschöpfungsketten nach sich ziehen könnte. Diese Bedenken sind besonders relevant, da die Stahlbranche fast sechs Prozent des deutschen CO₂-Ausstoßes verantwortet. Investmentweek.com hebt hervor, dass Gewerkschaften wie die IG Metall vor einer Abhängigkeit von Stahlimporten aus Ländern wie China warnen.
Merz widersprach den Vorwürfen und betonte, dass die Interessen der Stahlarbeiter gut vertreten seien. In einem weiteren Schritt plädiert er für die Abscheidung und Speicherung von CO₂ (CCS) als mögliche Alternative, eine Technologie, die jedoch von vielen Wissenschaftlern und Umweltverbänden skeptisch betrachtet wird. Diese Skepsis bezieht sich sowohl auf die hohen Kosten als auch auf die Komplexität dieser Technologie.
Investitionen und Zukunftsperspektiven
Im Kontext der Stahlproduktion hat der Konzern Thyssenkrupp angekündigt, über zwei Milliarden Euro in eine neue Direktreduktionsanlage zu investieren, die langfristig wasserstoffbetrieben sein soll. Derzeit wird die Anlage jedoch noch mit Erdgas betrieben, was zeigt, dass der Aufbau einer geeigneten Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland noch nicht vorangeschritten ist. In diesem Zusammenhang haben namhafte Automobilhersteller wie BMW, Volkswagen und Mercedes-Benz bereits CO₂-reduzierten Stahl gefordert.
Insgesamt bleibt die künftige Ausrichtung der deutschen Stahlindustrie ungewiss, vor allem aufgrund der divergierenden Ansichten über die Implementierung der Wasserstofftechnologie und der finanziellen Unterstützung, die zur Realisierung notwendig wäre. Merz hat betont, sich für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Stahl- und Metallindustrie sowie der Rüstungsindustrie einzusetzen. Gleichzeitig fordern die Gewerkschaften jedoch nicht nur klare Strategien, sondern auch konkrete Maßnahmen seitens der Politik.