Friedrich Merz, der Kanzlerkandidat der Union, präsentierte heute in Aschaffenburg seinen umfassenden Plan zur Reform der Asyl- und Einwanderungspolitik in Deutschland. Er bezeichnete die aktuellen Zustände als einen „Scherbenhaufen“ und kritisierte die „fehlgeleitete Politik der letzten zehn Jahre“. Merz kündigte an, dass er im Falle seines Sieges bei der Bundestagswahl am ersten Tag seiner Amtszeit die Kontrolle der deutschen Staatsgrenzen anweisen werde. Dies beinhaltet ein faktisches Einreiseverbot für Personen ohne gültige Einreisedokumente sowie für Menschen, die von der europäischen Freizügigkeit Gebrauch machen, und gilt auch für Asylsuchende mit Schutzanspruch.

Als Teil seiner Strategie plant Merz, die europäischen Regulierungen, darunter die Dublin-, Schengen- und Eurodac-Abkommen, gründlich zu reformieren. Er bezeichnete diese als dysfunktional und betont, dass Deutschland das Recht auf Vorrang des nationalen Rechts in Anspruch nehmen solle. Damit will Merz sicherstellen, dass alle illegale Einreisen konsequent zurückgewiesen werden. Die Bundespolizei soll zudem das Recht erhalten, Haftbefehle zu beantragen.

Strafverfolgung und Abschiebepolitik

Ein zentrales Element von Merz‘ Plan ist die Ausreisegewahrsamnahme für vollziehbar ausreisepflichtige Personen. Aktuell stehen in Deutschland rund 750 Plätze für etwa 42.000 dieser Individuen zur Verfügung. Merz fordert daher die Bereitstellung leerstehender Liegenschaften zur Erhöhung dieser Kapazitäten. Er möchte, dass Abschiebungen täglich stattfinden und die Zahl der Abschiebungen die der illegalen Einreisen übersteigt. Der letzte Abschiebeflug nach Afghanistan fand im August des Vorjahres statt, was die Dringlichkeit seiner Maßnahmen unterstreicht.

Darüber hinaus plant Merz eine Reform des Aufenthaltsrechts, die es ermöglichen soll, ausreisepflichtige Straftäter in unbefristeten Ausreisearrest zu nehmen. In einer Pressekonferenz stellte er klar, dass ihm die Unterstützung anderer politischer Akteure egal sei und Kompromisse in diesem Bereich nicht möglich seien. Dies wirft Fragen auf, wie Merz seine Vorstellungen mit den Grünen umsetzen wolle, die in der Asylpolitik deutlich andere Ansichten vertreten.

Historischer Kontext und aktuelle Herausforderungen

Die Problematik der Asyl- und Einwanderungspolitik in Deutschland ist nicht neu. Bereits in der Weimarer Republik gab es rechtliche Regelungen zur Aufnahme von Schutzsuchenden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1948 das Grundrecht auf Asyl im Grundgesetz verankert. In den letzten Jahrzehnten wurden jedoch zahlreiche Reformen und Verschärfungen vorgenommen, die die Asylpraxis stark beeinflussten. Diese Entwicklungen führten letztendlich dazu, dass 2020 in Deutschland lediglich 122.170 Asylanträge registriert wurden, der niedrigste Stand seit 2012.

Deutschland gehört zu den Ländern mit den meisten aufgenommenen Flüchtlingen. Ende 2020 lebten dort etwa 741.700 Menschen mit Flüchtlingsschutz, darunter 43.900 Asylberechtigte. Die ungleiche Verteilung der Asylsuchenden innerhalb der EU bleibt eine Herausforderung, und es besteht ein großer Disput über die Reform des Asylsystems. Merz‘ Ansätze könnten versuchen, diesen Druck zu mildern, jedoch ist die politische Landschaft bezüglich Migration komplex und konfliktreich.