Eine 17-Jährige aus Greifswald wurde zu einer fünfjährigen Jugendstrafe verurteilt, nachdem sie die Tötung eines 59-Jährigen gestanden hatte. Die Richter beurteilten die Situation als weniger schwerwiegend als es die Staatsanwaltschaft anfangs dargestellt hatte. Ein schlüssiger Grund für die mildere Strafe war die Erkenntnis, dass die Jugendliche unter dem Asperger-Autismus-Syndrom leidet, was ihre Fähigkeit beeinträchtigte, die wehrlose Lage des Opfers auszunutzen. Laut nordkurier.de hatte der 59-Jährige die Jugendliche zuvor sexuell belästigt, was zu ihrem Groll geführt hatte.

Der Mord- oder Totschlagvorwurf wurde durch das Urteil entschärft, da das Gericht keine Heimtücke erkennen konnte. Diese Entscheidung könnte teilweise die wachsende Diskussion um den Zusammenhang zwischen Asperger-Syndrom und kriminellem Verhalten widerspiegeln. In den letzten Jahren wurde zunehmend bekannt, dass Menschen mit Asperger oft keine kriminelle Absicht (mens rea) haben, was die Bewertung ihrer strafrechtlichen Verantwortung beeinflusst (pubmed.ncbi.nlm.nih.gov).

Die Tathandlung

Der Vorfall fand in der Wohnung eines Bekannten statt. Im Vorfeld hatte die Jugendliche dem Mann alkoholische Getränke mit MDMA versetzt, bevor sie ihn mit einem Frühstücksbrett am Hals attackierte, nachdem er bewusstlos geworden war. Der Wohnungsinhaber, ein 50-Jähriger, wurde wegen unterlassener Hilfeleistung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, da ihm keine direkte Beteiligung an der Tat nachgewiesen werden konnte.

Das Gericht wies auch auf das späte Geständnis und die gezeigte Reue der Verurteilten hin, was als strafmildernd in Betracht gezogen wurde. Die Entscheidung, der Jugendlichen eine Jugendstrafe aufzuerlegen, zielt darauf ab, ihre Resozialisierung und Erziehung zu fördern. Diese Art von Strafe wird in einer Jugendanstalt vollzogen, wo der Fokus auf der Rehabilitation liegt. Das Urteil ist bislang allerdings noch nicht rechtskräftig.

Asperger-Syndrom und strafrechtliche Verantwortung

Die Verbindung zwischen dem Asperger-Syndrom und einem erhöhten Risiko für gewalttätiges Verhalten wird in der Fachliteratur besonders thematisiert. Wie in cambridge.org dargelegt, sind die meisten Menschen mit Asperger gesetzestreu, jedoch gibt es zunehmende Hinweise auf Fälle von Gewalt und strafrechtlichem Verhalten unter bestimmten Umständen. Die besonderen Merkmale des Syndroms können eine entscheidende Rolle dabei spielen, die sozialen Interaktionen oder das Verständnis für die Konsequenzen des eigenen Handelns zu beeinflussen.

Die Gerichte haben begonnen, diese Erkenntnisse in ihren Urteilen zu berücksichtigen, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob und wie Menschen mit Asperger strafrechtlich verantwortlich gemacht werden können. Damit eröffnet sich ein komplexes Spannungsfeld zwischen dem Rechtssystem und den Bedürfnissen von Menschen mit besonderen neurologischen Herausforderungen.