Ein manövrierunfähiger Tanker namens „Eventin“ treibt derzeit in der Ostsee nördlich der Insel Rügen. Laut Berichten der Kreiszeitung ist das 274 Meter lange und 48 Meter breite Schiff mit etwa 99.000 Tonnen Öl beladen. Die Besatzung des unter panamaischer Flagge fahrenden Tankers ist nicht in Gefahr und bleibt an Bord. Die Ursache für die Manövrierunfähigkeit des Tanks ist bislang unbekannt. Aktuell ist das Mehrzweckschiff „Arkona“ sowie der Notschlepper „Bremen Fighter“ vor Ort, um dem Havaristen zu helfen.
Am Donnerstagabend, um 22 Uhr, wurde festgestellt, dass die „Eventin“ manövrierunfähig war. Ein Maschinenausfall an Bord wurde identifiziert und ausgelöst durch Sturmwarnungen mit Windstärken von 7 bis 9 sowie bis zu 2 Meter hohen Wellen. Ein speziell ausgebildetes Team wurde alarmiert, um eine Schleppverbindung herzustellen, und das Havariekommando steht in Kontakt mit der Reederei zur weiteren Planung. Umweltminister Till Backhaus äußerte seine Besorgnis über die Schattenflotte, zu der die „Eventin“ gehört.
Die Schattenflotte und ihre Risiken
Die „Eventin“ ist Teil der sogenannten russischen Schattenflotte, die es ermöglicht, westliche Sanktionen beim Öltransport zu umgehen. Diese Schattenflotte umfasst alte und in vielen Fällen marode Tanker, die häufig unter unklaren Eigentumsverhältnissen operieren. Greenpeace berichtet, dass die Zahl dieser Tanker, die Öl über die Ostsee exportieren, seit Januar 2021 um 70 Prozent gestiegen ist. Rund 1.000 mit Öl beladene Tanker passierten im vergangenen Jahr die deutsche Küste, wobei durchschnittlich zwei bis drei täglich verzeichnet wurden. Greenpeace mahnt an, dass die Fahrten dieser Tanker eine ernsthafte Gefahr für das Ökosystem der Ostsee darstellen.
Die Risiken werden durch die aktuellen geopolitischen Umstände verschärft. Russland nutzt diese Schattenflotte, um weiterhin Mittel für den Krieg in der Ukraine zu generieren. Trotz der zahlreichen internationalen Sanktionen, die seit dem Angriff auf die Ukraine verhängt wurden, boomt das Ölgeschäft in Russland. Neue Märkte, wie China, Indien und die Türkei, sichern einen kontinuierlichen Fluss von Erlösen, während Sanktionen gegen den Ölimport in die EU wirksam bleiben. Dies hat zur Folge, dass Käufer von russischem Öl nur unter bestimmten Bedingungen westliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen dürfen, was die Herausforderungen bei der Überwachung und Durchsetzung der Sanktionsmaßnahmen vergrößert.
Öl-Pandemie und Vorfälle in der Vergangenheit
Die „Eventin“ ist nicht der erste Tanker, der in dieser Region in Schwierigkeiten gerät. Im Oktober vergangenen Jahres kam es zu einem ähnlichen Vorfall mit dem Tanker „Annika“, der in der Ostsee in Brand geriet, wobei erfreulicherweise kein Öl austrat. Solche Vorfälle schüren Ängste vor einer potenziellen Umweltkatastrophe. Die Ausmaße einer möglichen Ölpest in der Ostsee und die Auswirkungen auf die deutsche Küste stellen nicht nur ein ökologisches Risiko dar, sondern könnten auch weitreichende wirtschaftliche Folgen für die betroffenen Küstenregionen haben.
Engagierte Stimmen, wie die der litauischen Außenministerin, fordern ein entschlossenes Vorgehen gegen Russlands Schattenflotte. Initiativen zur Erweiterung von Sanktionslisten sind im Gange, ebenso wie Forderungen nach besseren Überwachungsinstrumenten zur Durchsetzung der Öl-Preisobergrenze. Angesichts dieser Entwicklungen bleibt die Situation um den Tanker „Eventin“ und die Schattenflotte ein brisantes Thema, das noch zahlreiche Herausforderungen für die Umwelt- und Sicherheitspolitik mit sich bringen wird.