Der Kohleausstieg in Deutschland nimmt konkrete Formen an. Der Vorstandsvorsitzende der LEAG, Adolf Roesch, fordert von der neuen Bundesregierung bis Ende des Jahres eine schnelle Ausschreibung für den Bau neuer Gaskraftwerke. Roesch, der seit September 2024 als CEO bei LEAG amtiert, erwartet ein Investitionsvolumen von etwa drei Milliarden Euro in Cottbus und betont die Notwendigkeit, Gaskraftwerke als wichtige Ergänzung zu erneuerbaren Energien zu etablieren. Dies ist insbesondere relevant in Zeiten von Dunkelflauten, die gelegentlich zu Engpässen in der Stromversorgung führen können. In diesen Zeiten, in denen die Erzeugung aus Wind- und Photovoltaikanlagen stark abnimmt, könnten Gaskraftwerke ein essenzieller Bestandteil des Energiemixes werden.
Roesch hebt hervor, dass es ein straffer Zeitplan für die Bundesregierung ist, da die abgewählte Regierung es versäumt hat, ein Kraftwerkssicherheitsgesetz zu verabschieden. Ursprünglich waren die ersten Ausschreibungen für die neuen Gaskraftwerke für das erste Halbjahr 2025 geplant. Um die Strombedarfe insbesondere in den Dunkelflauten zu decken, sind Gaskraftwerke unerlässlich, da ab 2038 in der Lausitz der Strom aus Braunkohle nicht mehr produziert werden darf.
Notwendigkeit von Back-up-Lösungen
Die Diskussion um den Ausbau von Gaskraftwerken kommt nicht von ungefähr. Laut Deutschlandfunk haben erneuerbare Energien in den letzten 20 Jahren zwar zugenommen und sollen bis 2030 einen Anteil von 65 Prozent am Strommix erreichen. Dennoch erzeugen sie nicht kontinuierlich Strom, was zu Engpässen führen kann, insbesondere bei Dunkelheit oder Windstille, einer sogenannten „Dunkelflaute“. In dieser Situation kann die Windstromerzeugung in Deutschland auf unter zwei Prozent der installierten Leistung absinken.
Die Bundesnetzagentur hat in ihren Szenarien für die Zeit nach dem Kohleausstieg festgestellt, dass ein großer Bedarf an Back-up-Kraftwerken bestehen wird. Diese könnten über 95 Prozent des Gesamtbedarfs abdecken müssen, wenn eine Dunkelflaute auftritt, was den dringenden Bedarf an Gaskraftwerken unterstreicht. Auch im Zeitraum der Dunkelflaute vom 11. bis 13. Dezember 2022 machte Deutschland eine besorgniserregende Erfahrung, als ein Viertel des Stromverbrauchs importiert werden musste und die Strompreise über einen Euro pro Kilowattstunde stiegen.
Umstrukturierung und Zukunftsperspektiven
Die LEAG plant im Rahmen der Umstrukturierung hin zu erneuerbaren Energien den Bau eines wasserstofffähigen Gaskraftwerks im Industriepark Schwarze Pumpe südlich von Cottbus. Der Kohleausstieg im Rheinischen Kohlerevier ist bereits acht Jahre früher vereinbart, und auch in der Lausitz wird der Braunkohlekraftwerk Jänschwalde bis Ende 2028 vom Netz genommen. Roesch berichtet, dass LEAG seit zwei Jahren auf den Start der Planung dieser neuen Gaskraftwerke wartet und bereits alle notwendigen Ressourcen bereitgestellt hat.
Besonderes Augenmerk liegt auch auf der künftigen Mitarbeiterzahl, die bis 2038 unklar bleibt. Im vergangenen Jahr hat LEAG aufgrund der Umstrukturierung bereits etwa 500 Stellen abgebaut. Für dieses Jahr sind persönliche Gespräche mit rund 5.000 Mitarbeitern über zukünftige Perspektiven geplant, während eine Umstellung auf erneuerbare Energien auch eine Notwendigkeit zur Anpassung der Belegschaft mit sich bringt. Diese Entwicklungen verdeutlichen den tiefgreifenden Wandel im Energiesektor, der nicht ohne Herausforderungen bleibt.