Die Diskussion um NS-Raubkunst in Bayern gewinnt an Dynamik. Der bayerische Kunstminister Markus Blume (CSU) hat kürzlich gefordert, dass rund 1.000 Kunstwerke in bayerischem Staatsbesitz, die möglicherweise als NS-Raubkunst gelten, offenlegt werden. Diese Forderung erfolgt im Kontext einer verstärkten Auseinandersetzung mit der Provenienzforschung, die darauf abzielt, die Herkunft von Kunstwerken zu klären und mögliche Rückgabeforderungen zu erfüllen. Laut pnp.de sprach Blume von der Notwendigkeit einer transparenten und nachvollziehbaren Klassifizierung der Werke.
Insbesondere nachfahren jüdischer Kunstbesitzer und deren Rechtsanwälte haben die bayerische Staatsregierung kritisiert. Sie fordern mehr Transparenz, Aufklärung und zügige Fortschritte bei der Provenienzforschung. Eine interne Liste hat bereits 200 Werke als Raubkunst identifiziert und weitere 800 Werke mit Verdachtsmomenten markiert. Die Kunstministerin betonte zudem, dass die Staatsgemäldesammlungen, zu denen auch die Münchner Pinakotheken gehören, nach bestem Wissen arbeiten, um die Herkunft der Werke zu klären.
Forderungen nach Transparenz und Einigkeit
Die Forderungen zur Transparenz und zur Veröffentlichung der Ergebnisse der Provenienzforschung sind besonders drängend. Alle als „rot“ oder „orange“ markierten Werke sollen in der Datenbank Lost Art veröffentlicht werden. Eine tiefgreifende Recherche für als Raubkunst eingestufte Werke soll so schnell wie möglich erfolgen. Blume kündigte zudem an, dass die Staatsregierung einen verbindlichen Zeitplan zur systematischen Einschätzung aller nicht geprüften Kunstwerke bis Ende 2026 entwickeln wird. Ein Finanzrahmen in Höhe von einer Million Euro wird zur Verfügung stehen, um die Provenienzforschung zu unterstützen.
Allerdings gibt es umstrittene Aspekte in diesem Prozess. Berichten zufolge haben die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen Informationen über NS-Raubkunst zurückgehalten, und eine geleakte Liste umfasst 900 Seiten mit Informationen zu etwa 200 Kunstwerken, darunter Werke namhafter Künstler wie Picasso, Paul Klee und Max Beckmann. Trotz alarmierender Forschungsergebnisse wurden Nachfahren jüdischer Sammler oft nicht informiert, was zu weiteren Spannungen führt, wie srf.ch berichtet.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Rückgabeansprüche
Der rechtliche Rahmen um die Rückgabe von NS-Raubkunst ist komplex. Die Bundesregierung hat sich zur Anwendung von Rückerstattungs- und Entschädigungsrechten verpflichtet, um nach dem Zweiten Weltkrieg entzogene Kulturgüter zurückzugeben. Öffentliche Einrichtungen sind angehalten, die Suche nach NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut zu unterstützen, wie auf kulturgutverluste.de ausgeführt wird. Dies geschieht unter Berücksichtigung bereits erfolgter Wiedergutmachungsleistungen, um Doppelentschädigungen zu vermeiden.
Die Situation in den bayerischen Museen ist symptomatisch für die Herausforderungen, mit denen viele Einrichtungen in Deutschland konfrontiert sind. Es bleibt abzuwarten, ob Blumes Ankündigungen zu mehr Transparenz und einer schnelleren Aufarbeitung der NS-Raubkunst-Angelegenheiten fruchtbare Ergebnisse bringen werden.