In Deutschland sorgt eine umstrittene Äußerung von Allianz-Versicherungschef Oliver Bäte für erhebliche Diskussionen: Er schlägt vor, dass Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag ohne Attest selbst tragen sollten. Diese Aussage fiel während eines Interviews und fand großes Echo in den Medien. Bäte begründet seinen Vorschlag mit den hohen Kosten, die im Gesundheitssystem durch häufige Krankmeldungen entstehen. Besonders besorgniserregend ist, dass Deutschland im internationalen Vergleich die meisten Krankheitstage zu verzeichnen hat, was die Debatte zusätzlich anschürt.
Ein aktueller Vorfall in einem Paketshop, der die Abwesenheit eines Mitarbeiters mit dem Aushang „Mal wieder krank“ kritisierte, verstärkt die öffentliche Diskussion über Krankmeldungen. Dieser Aushang sorgte für Verwunderung und eine negative Resonanz in sozialen Medien. Mercedes-Chef Ola Källenius äußerte ebenfalls seine Bedenken über den hohen Krankenstand, der in deutschen Werken teils mehr als doppelt so hoch ist wie in anderen Ländern.
Krankheitsursachen und Anstieg der Fehltage
Laut einem aktuellen Bericht der AOK sind Muskel- und Skelett-Erkrankungen sowie Atemwegserkrankungen die häufigsten Gründe für Krankschreibungen. Die erhöhten Krankheitszahlen könnten durch die anhaltende Virenverbreitung nach der Corona-Pandemie und die größere Empfänglichkeit für Infektionen begünstigt worden sein. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Anzahl der AU-Tage aufgrund psychischer Erkrankungen in den letzten zehn Jahren um knapp 47 Prozent zugenommen hat, was auf eine besorgniserregende Entwicklung hinschaut.
Für das Jahr 2023 wird die durchschnittliche Dauer eines Erkrankungsfalls wegen Atemwegserkrankungen auf 6,1 Tage geschätzt, während psychische Erkrankungen sogar eine durchschnittliche Ausfallzeit von 28,1 Tagen zur Folge haben. Dieses Ungleichgewicht in den Genesungszeiträumen verdeutlicht den Druck und die Herausforderungen, mit denen Arbeitnehmer und Arbeitgeber heutzutage konfrontiert sind.
Gesundheitsversorgung in Deutschland im internationalen Vergleich
Im Kontext dieser Diskussion darf nicht vergessen werden, dass Deutschland über eine hochentwickelte Gesundheitsversorgung verfügt. Mit einer Verfügbarkeit von Gesundheitspersonal und Infrastruktur, die in Europa ihresgleichen sucht, geht jeder Bundesbürger jährlich durchschnittlich knapp zehnmal zu einem Arzt, was im Vergleich zu anderen Ländern, wie zum Beispiel Frankreich mit nur 5,6 Arztbesuchen pro Kopf, signifikant höher ist.
Im Jahr 2022 registrierte Deutschland 213 Krankenhausaufenthalte pro 1.000 Einwohner, was 40 Prozent über dem EU-Durchschnitt liegt. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass zwar die medizinische Versorgung gut zugänglich ist, es jedoch auch Lücken in der Primärversorgung gibt, die zu einer hohen Rate an hospitalisierten Patienten führen können. Der geforderte Reformdruck wird durch die anstehende Wahlkampfsituation am 23. Februar verstärkt, in der auch gesundheitspolitische Themen auf der Agenda stehen werden.
Insgesamt zeigt sich, dass die Diskussion über Krankheitsmeldungen und die damit verbundenen Kosten nicht nur gesellschaftliche, sondern auch wirtschaftliche Dimensionen hat. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich den Herausforderungen des Gesundheitswesens stellen, während gleichzeitig die Notwendigkeit einer nachhaltigen Lösung zur Reduzierung der Krankheitsstände in Deutschland klar wird.
Für Detailinformationen finden Sie hier die Berichte von HNA, AOK und vdek.