Der Bund Naturschutz (BN) hat erneut Klage gegen eine Abschussgenehmigung von Bibern im Oberallgäu eingereicht. Dies ist eine Reaktion auf einen neuen Erlass des Landratsamts Oberallgäu, der die Tötung von Bibern ohne Einzelgenehmigung innerhalb von 30 Metern um Bundes-, Staats- und Kreisstraßen sowie an Schienenwegen erlaubt. Diese Regelung deckt eine Fläche von circa 3720 Hektar ab und betrifft etwa 620 Kilometer an Straßen und Bahngleisen, die für den Abschuss freigegeben sind, wie saechsische.de berichtet.

Das Landratsamt führt als Begründung für den Erlass Schäden an Straßen und Bahnstrecken an, die zu Ausfällen führen können. Diese Perspektive wird jedoch von Naturschutzexperten stark kritisiert. Das Verwaltungsgericht Augsburg hatte bereits im November 2022 eine ähnliche Allgemeinverfügung als rechtswidrig eingestuft, da der BN nicht in die Entscheidungsprozesse einbezogen wurde.

Kritik an der Abschussgenehmigung

Die jetzige Verfügung wird als sachlich nicht sinnvoll und rechtlich nicht haltbar eingestuft. Der BN argumentiert, dass vor der Genehmigung von pauschalen Abschüssen alle alternativen Maßnahmen geprüft werden müssen. Dr. Christine Margraf, stellvertretende BN-Landesbeauftragte, wendet ein, dass derartige Abschüsse übertrieben sind und das Bibermanagement in Bayern gefährden könnten. Sie unterstreicht, dass Biber eine wichtige Rolle im Hochwasserschutz und als Wasserreservoir in Trockenperioden spielen. Laut dem BN wären einfache Schutzmaßnahmen, wie beispielsweise Drahtgeflechte gegen Biberhöhlen, effektiver als Abschüsse, da die Verdrängung von Bibern oftmals nur eine temporäre Lösung bleibt, da andere Biber schnell nachrücken.

Aus Sicht des Rechtsanwalts Dr. Eric Weiser-Saulin ist die von den Behörden geplante Allgemeinverfügung ebenfalls rechtlich nicht haltbar. Es wurde versäumt, anerkannte Naturschutzorganisationen zu beteiligen, was zu einem Stopp des Sofortvollzugs am Verwaltungsgericht Augsburg führte. Während eines anhängigen Hauptsacheverfahrens zur letzten Verfügung haben nun die Naturschutzvereinigungen an der neuen Verfügung mitwirken dürfen.

Ökologische Bedeutung des Bibers

Der Biber (Castor fiber) hat sich in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert stark ausgebreitet, nachdem er beinahe ausgerottet wurde. Die Rückkehr des Bibers bringt viele ökologische Vorteile mit sich, darunter die Verbesserung der Gewässerstruktur und eine gesteigerte Artenvielfalt. Biber gestalten ihre Lebensräume aktiv, indem sie Bäume fällen und Dämme bauen. Diese Aktivitäten können jedoch auch Konflikte mit menschlichen Nutzungen, wie Überflutungen von Ackerflächen und Schäden an Infrastrukturen, hervorrufen, wie in einem Artikel von nul-online.de erläutert.

Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und das Naturschutzrecht bieten dem Biber einen besonderen Schutz. Ihre Aktivitäten können die Gewässerdurchgängigkeit beeinträchtigen, sind jedoch auch ein motorischer Beitrag zur Schaffung von Lebensräumen. Maßnahmen zur Beeinträchtigung des Biotops der Biber erfordern eine Verträglichkeitsprüfung, wobei gesetzliche Ausnahmen nur unter strengen Bedingungen zulässig sind.

Die Debatte um den Biber im Oberallgäu verdeutlicht die komplexen Schnittstellen zwischen Naturschutz und den Interessen der Wasserwirtschaft sowie der Landwirtschaft. Um nachhaltige Lösungen zu finden, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Naturschutzverbänden und den zuständigen Behörden von großer Bedeutung.