Der Trend zu Kirchenaustritten bleibt in Deutschland ungebrochen. Im Januar treten statistisch die meisten Menschen aus der Kirche aus. Laut Prof. Dr. Sven van Meegen, Pfarrer der Seelsorgeeinheit Ellwangen, sind die häufigsten Gründe für diese Entscheidung Geld, Enttäuschung sowie die Wahrnehmung von Entfremdung gegenüber der Kirche. Viele Mitglieder haben wenig Kontakt zu den kirchlichen Einrichtungen, häufig weil sie keine Kinder haben, die diese nutzen, oder weil sie keine dringende Hilfe benötigen. Van Meegen betont jedoch, dass die Kirche eine Gemeinschaftsaufgabe ist und die Unterstützung von Notleidenden im Vordergrund stehen sollte.

Das Evangelische und Katholische Engagement zeigt sich nicht nur in der direkten finanziellen Unterstützung durch die Kirchensteuer, die in strukturschwachen Regionen wie Ellwangen zurückfließt. Van Meegen hat versucht, mit den Austretenden in Kontakt zu treten und appelliert an die Solidarität innerhalb der Gemeinschaft, um zukünftige Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Er vergleicht die Mitgliedschaft in der Kirche mit der Zugehörigkeit zu Sport- und Musikvereinen und hebt hervor, wie wichtig eine solche Gemeinschaft sein kann.

Studien und Prognosen zu Kirchenaustritten

Eine aktuelle Forsa-Studie zeigt, dass der Anteil der Menschen, die einer christlichen Gemeinschaft angehören, 2024 voraussichtlich unter 50 Prozent sinken wird. Professorin Kristin Merle von der Universität Hamburg, die an dieser Studie beteiligt war, stellt ebenfalls fest, dass 32 Prozent der Kirchenmitglieder sich zwar als Christen betrachten, der Kirche jedoch wenig Bedeutung beimessen. Diese Entwicklung kann auf den gesellschaftlichen Wandel und die zunehmende Vielfalt an Weltanschauungen zurückgeführt werden.

Die Abnahme der Kirchenzugehörigkeit wird auch von sozialen Faktoren beeinflusst. 47 Prozent der Befragten schätzen die Hilfsangebote für Bedürftige und 39 Prozent die Solidarität und Gerechtigkeit, die von den Kirchen ausgehen. Trotz dieser positiven Aspekte ist die Teilnahme an Gottesdiensten rückläufig; nur 11 Prozent der Evangelischen im Westen betrachten den Kirchenbesuch als Teil ihres Christseins. Aktuell besuchen fast 700.000 Menschen sonntags noch die Gottesdienste, während biografisch relevante Angebote wie Taufen, Trauungen und Beerdigungen weiterhin stark nachgefragt sind.

Die Rolle der Gemeinden

In dieser sich verändernden Landschaft sind lokale Kirchengemeinden für ihre Mitglieder entscheidend. 67 Prozent der evangelischen Mitglieder geben an, sich zumindest etwas mit ihrer Gemeinde verbunden zu fühlen, während 57 Prozent der Katholiken ähnliches berichten. Diese Bindung scheint in Ostdeutschland noch ausgeprägter zu sein, wo 82 Prozent der Evangelischen eine stärkere Identifikation mit ihrer Kirche zeigen. Laut den Umfragen wünschen sich die Menschen eine größere Ökumene, da konfessionelle Unterschiede an Bedeutung verlieren.

Insgesamt zeigt sich, dass die Herausforderungen für die Kirchen enorm sind. Während der Verlust an Mitgliedern beklagt wird, bleibt die Notwendigkeit bestehen, die vorhandenen Solidaritäts- und Hilfsangebote aufrechtzuerhalten und auszubauen, um den vielfältigen Bedürfnissen der Gemeinschaft gerecht zu werden. Eine eingehendere Beschäftigung mit der Rolle der Kirchen könnte helfen, neue Wege zu finden, um die Menschen wieder stärker für die Gemeinschaft zu begeistern.

Für weitere Informationen zu der Studiente und den Themen Kirchenaustritten sowie zur gesellschaftlichen Bedeutung der Kirche können Sie die Schwäbische Post, Zeit und Publikationen des Bundestags konsultieren.