In Brandenburg an der Havel zeigt sich aktuell ein besorgniserregender Trend: das Kiosk-Sterben. Innerhalb weniger Wochen haben zwei Kioske im Stadtteil Nord ihre Pforten geschlossen und ein weiterer am Neuendorfer Sand steht ebenfalls kurz vor der Schließung. Diese Entwicklung sorgt für zunehmende Besorgnis unter den Anwohnern, insbesondere bei den älteren Bürgern, die stark auf die dort angebotenen Dienstleistungen angewiesen sind.
Anja Weinkauf, Gründerin des Bürgerbeirats in Nord, hebt hervor, dass die Schließungen nicht nur einen Verlust an Treffpunkten bedeuten, sondern auch den Verlust wichtiger Dienste wie den Verkauf von Fahrkarten und Briefmarken mit sich bringen. Die nächste kleine Postfiliale befindet sich am Nicolaiplatz und die nächstgrößere in Hohenstücken – beide Orte sind für viele Anwohner nur schwer zu erreichen.
Auswirkungen auf die Gemeinschaft
Dieter Lippert, ein langjähriger Kunde der Kioske, äußert sein Bedauern über die negativen Folgen der Schließungen. Momentan stehen alle drei ehemaligen Kioske leer, was die Situation weiter verschärft. Die Bäckerei Thonke erwägt, in die Räume der ehemaligen Post in der Werner-Seelenbinder-Straße zu ziehen, doch ob dieser Plan umgesetzt werden kann, bleibt ungewiss. Die Zukunft der Kioske in der Ruppinstraße und auf dem Quenz ist ebenfalls unklar.
Anwohner am Neuendorfer Sand befürchten, für einfache Postdienstleistungen künftig nach Kirchmöser oder zum Nicolaiplatz fahren zu müssen. Diese Veränderung steht exemplarisch für das bundesweite Problem, das das Kiosk-Sterben darstellt. Laut dem Handelsverband Deutschland (HDE) wurden in den letzten zehn Jahren etwa 2.500 Kioske in Deutschland geschlossen, was einem Rückgang von 8,5 Prozent entspricht.
Die Herausforderungen der Kioskbetreiber
Kleine Kioske haben es immer schwerer, sich gegen länger geöffnete Tankstellen, Supermärkte und Discounter zu behaupten. Diese Verkaufsformate bieten nicht nur bequemere Öffnungszeiten, sondern häufig auch ein umfassenderes Sortiment. Roland Menz, der über 20 Jahre lang einen Kiosk in Nord betrieb, hat sogar sein Geschäft in einen DHL-Paketshop umgebaut, nachdem der Umsatz kontinuierlich gesunken war. Sein Beispiel verdeutlicht die Herausforderungen, mit denen viele Kioskbetreiber konfrontiert sind.
Der Kiosk am Brandenburger Hauptbahnhof hat zudem verkürzte Öffnungszeiten und bleibt an Sonntagen gänzlich geschlossen. Stefan Hertel vom HDE hat bereits Empfehlungen ausgesprochen, wie sich Kioske besser im Markt behaupten können: Sie sollten sich als moderne Shops präsentieren und ihr Angebot erweitern, einschließlich Gastronomie sowie Frische- und Tiefkühlkost.
Die Kioske in Deutschland haben nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine emotionale Komponente. In Städten wie Berlin und Nordrhein-Westfalen gelten sie als wichtige soziale Treffpunkte. Der Kioskmangel hat spürbare Auswirkungen auf die Gemeinschaft wie auch auf die Ökonomie, da der geschätzte Umsatz der Kioske bei etwa 7,5 Milliarden Euro liegt. Dirk Stürmer vom Dortmunder Kioskclub hebt hervor, dass die persönliche Kundenbetreuung in Kiosken einen entscheidenden Vorteil gegenüber großen Supermärkten darstellt: „Das Verhältnis zwischen Kioskbetreiber und Kunde ist geprägt von Nähe und Vertrauen“. Der Druck auf die Kioske wird also nicht weniger; vielmehr wird es immer wichtiger, neue Wege zu finden, um die Geschäfte am Leben zu halten.
Die aktuellen Entwicklungen in Brandenburg an der Havel zeigen somit, wie tiefgreifend das Kiosk-Sterben bereits auf lokale Gemeinschaften wirkt und welch weitreichenden Einfluss es auf den täglichen Bedarf der Bewohner hat. Ein Gesundheitscheck des Kioskmarktes ist dringender denn je erforderlich.