Vorfall | Brandstiftung, Plünderung |
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Ort | Kiel |
Ursache | Bombenangriffe |
In Kiel, wo die Erinnerungen an die Zerstörung des Alten Marktes durch den Zweiten Weltkrieg lebendig bleiben, erzählt der 85-jährige Dieter-Klaus Uhlmann von seiner Kindheit inmitten der Trümmer. „Den Brandgeruch habe ich noch heute in der Nase“, sagt er, während er auf die Überreste der einst stolzen Nikolaikirche blickt. Laut den Kieler Nachrichten erlebte er als kleiner Junge, wie Bomben die Stadt in Schutt und Asche legten. „Unser Spielplatz waren die Ruinen“, erinnert er sich, während er die Fassade des fast unbeschädigten Prachtbaus von 1903 betrachtet, in dem er geboren wurde.
Die Erinnerungen an die Bombardierungen von 1943 und 1944 sind für Uhlmann lebendig, als er von den Zerstörungen spricht, die die Stadt und den Alten Markt für immer veränderten. „Ich konnte vom zweiten Stock unseres Hauses bis zum Seegarten sehen, und da war alles weg“, erzählt er. Die einst prächtigen Persianischen Häuser, die als Packhäuser für Seidenwaren dienten, wurden 1944 vollständig zerstört. Heute stehen dort lediglich Blechbuden, die Uhlmann mit Unmut betrachtet, während er die Veränderungen der Stadt beklagt.
Ein Spielplatz aus Ruinen
Uhlmanns Kindheit war geprägt von den Trümmern, die er und seine Freunde als Spielplatz nutzten. „Wir haben oft Fußball gespielt, und als Ball diente eine alte Schweinsblase“, sagt er. Tragische Erinnerungen kommen hoch, als er von seinem Freund Rudi Schaller erzählt, der beim Spielen tödlich verunglückte. „Die Zerstörung war so umfassend, dass wir in den Schuttbergen spielten und sogar den Zug aus Neumünster am Hauptbahnhof sehen konnten“, fügt er hinzu.
Das Kaufhaus Karstadt, ein viergeschossiger Prachtbau, überstand den Krieg nicht. Nur die Betonpfeiler blieben zurück, und an dieser Stelle steht heute das Nordlicht-Einkaufszentrum. Uhlmann beschreibt, wie die Kieler nach dem Krieg erfinderisch wurden, um mit den Trümmern umzugehen. „Der Schutt wurde auf Loren geladen und einfach ins Wasser der Kieler Förde gekippt“, berichtet er. Auch Plünderungen waren an der Tagesordnung, besonders im Sartori & Berger-Speicher, wo sein Bruder stolz mit einem Karton voller Schuhe nach Hause kam – nur um festzustellen, dass es nur linke Schuhe waren.
Die Hofkonditorei Uhlmann und ihre Blütezeit
Die Hofkonditorei Uhlmann, die von seinen Großeltern und später von seinen Eltern geführt wurde, war ein beliebter Treffpunkt in der Stadt. „Vor allem bei den Tanz-Nachmittagen war es bei uns rappelvoll“, erzählt Uhlmann. Doch nach dem Krieg war die wirtschaftliche Lage düster. „Nach dem Krieg hatte niemand Geld für Torten und Gebäck“, sagt er. 1956 musste sein Vater die Konditorei schließen und das Gebäude vermieten. „Weder ich noch meine Brüder wollten und konnten das übernehmen“, bedauert er.
Uhlmann blickt jedoch mit Stolz auf sein Leben zurück. Er arbeitete als Konditor in der Schweiz und eröffnete ein eigenes Café in der Nähe von London, wo er sogar die Geburtstagstorte für die Queen backte. „Ich habe ein tolles Leben gehabt“, sagt er, während er an die vielen prominenten Kunden denkt, die er bedient hat, darunter die Tennisspielerin Steffi Graf und die Mode-Ikone Twiggy.
Heute, nach vielen Jahren im Ausland, ist Uhlmann 2021 nach Kiel zurückgekehrt. „Wenn ich in die Innenstadt komme, kommen sofort die alten Erinnerungen hoch“, sagt er. Wer ebenfalls um 1939 am Alten Markt aufgewachsen ist, kann sich bei ihm melden, um gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen.
Die Geschichte des Alten Marktes ist nicht nur eine Geschichte von Zerstörung, sondern auch von Wiederaufbau und Erinnerungen, die in den Herzen der Kieler weiterleben. Die Veränderungen, die die Stadt durchgemacht hat, sind Teil ihrer Identität und zeigen, wie der Geist der Menschen auch in den dunkelsten Zeiten weiterlebt.