Am 28. Januar 2025 wurden zwei herausragende Dissertationen von Forschenden der Universität Kassel mit dem Dissertationspreis der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) ausgezeichnet. Goda Klumbytė, Postdoktorandin im Fachgebiet Partizipative IT-Gestaltung, erhielt die Ehrung für ihre Dissertation mit dem Titel „Learning Otherwise: Reconfiguring Computing with Feminist Epistemologies“, die sie summa cum laude abgeschlossen hat. Klumbytė untersucht die Rolle von Algorithmen im maschinellen Lernen und entwickelt innovative Ansätze für das Systemdesign, die auf feministischen Methodologien basieren.

In ihrer Arbeit wird die Frage analysiert, welche Arten von Wissen und Perspektiven in die Gestaltung von maschinellen Lernsystemen einfließen. Die Forschung legt einen besonderen Fokus auf intersektionale feministische Ansätze, die darauf abzielen, maschinelle Lernsysteme verantwortungsvoller, inklusiver und kontextsensibler zu entwickeln. Diese Herangehensweise ist besonders relevant in der heutigen datengetriebenen Welt, in der Technologie und Ethik zunehmend miteinander verwoben sind.

Gesellschaftliche Umbrüche im Fokus

In der zweiten ausgezeichneten Dissertation widmet sich Dr. Conrad Lluis, Postdoktorand im Fachgebiet Makrosoziologie, den politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen während der Wirtschaftskrise in Spanien, hierunter das Thema seiner Arbeit „Hegemonie und sozialer Wandel. Indignados-Bewegung, Populismus und demokratische Praxis in Spanien, 2011–2016“. Auch er erhielt die Auszeichnung summa cum laude.

Lluis analysiert Diskurse, Interviews und nutzt teilnehmende Beobachtung, um soziale Veränderungen nachzuvollziehen. Seine Arbeit erweitert den Forschungsansatz von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe und liefert wichtige Impulse für die politische Diskussion nicht nur in Spanien, sondern auch in Deutschland und anderen westlichen Ländern. Der Dissertationspreis wird alle zwei Jahre an zwei exzellente Arbeiten im Forschungsfeld vergeben, wobei die DGS eine 3.500 Mitglieder starke Vereinigung von wissenschaftlich qualifizierten Soziologen Deutschlands ist.

Feministische Epistemologien im Gespräch

Die Arbeiten von Klumbytė und Lluis stehen im Kontext der aktuellen Diskussion über feministische Erkenntnis- und Wissenschaftstheorien. Solche Theorien, wie in dem Band „Feministische Epistemologien“, herausgegeben von Katharina Hoppe und Frieder Vogelmann, beschrieben, analysieren den Einfluss von Geschlechternormen auf Wissende. Diese interdisziplinären Diskussionen kritisieren die Benachteiligung von weiblichen und queeren Menschen durch herrschende Wissensstrukturen und schlagen Alternativen zu gängigen epistemischen Begriffen und Praktiken vor.

Im Reader sind klassische Texte und aktuelle Weiterentwicklungen von namhaften Autorinnen wie Patricia Hill Collins, Sandra Harding und Donna Haraway versammelt. Damit wird nicht nur ein wertvolles akademisches Werk geschaffen, sondern auch eine Plattform für Stimmen, die in der traditionellen Wissensproduktion oft marginalisiert werden. Dabei lautet die gemeinsame Kernthese: Wissen ist in historisch spezifische soziale Praktiken und Strukturen eingebettet, die keineswegs geschlechtsneutral sind.

Zusammengefasst zeigen die ehrenvollen Auszeichnungen für Klumbytė und Lluis, wie entscheidend feministisches Denken und interdisziplinäre Ansätze für die Forschung in der heutigen Zeit sind. Sie tragen dazu bei, dass neue Perspektiven und Ansätze in verschiedenen Wissenschaftsbereichen Anerkennung finden und weiterentwickelt werden.

Für weitere Informationen über die Auszeichnung von Klumbytė und Lluis besuchen Sie uni-kassel.de. Der Reader „Feministische Epistemologien“ ist ab 2024 im Verlag Suhrkamp erhältlich, nähere Einblicke zu den Themen finden Sie bei frieder-vogelmann.net und academia.edu.