Die Kartoffel erlebt in Deutschland ein bemerkenswertes Comeback, nachdem sie über Jahrzehnte hinweg an Beliebtheit verloren hatte. Was einst als ein altmodisches oder ungesundes Lebensmittel verspottet wurde, erfreut sich nun wieder steigender Nachfrage. Laut dem Tagesspiegel hat der Pro-Kopf-Verbrauch von Kartoffeln im Wirtschaftsjahr 2023/24 den höchsten Stand seit zwölf Jahren erreicht und liegt nun bei 63,5 kg pro Person.

Dies bedeutet eine erhebliche Steigerung im Vergleich zu den 50er Jahren, als der Pro-Kopf-Verbrauch bei etwa 180 kg lag. Besonders auffällig ist der Anstieg des Verbrauchs von frischen Speisefrischkartoffeln, der um 8,4 kg auf 25,5 kg je Person gestiegen ist. Im Gegensatz dazu sank der Konsum von verarbeiteten Kartoffelprodukten wie Pommes und Chips leicht um 0,5 kg auf 38 kg.

Kulturelle Bedeutung der Kartoffel

Die Kartoffel hat in der deutschen Kultur eine besondere Rolle und ist eng mit nationalen identitäten verknüpft. Historisch wurde sie im 18. Jahrhundert durch Anbauanordnungen von Friedrich dem Großen populär. Ihre Eigenschaften als nahrhaftes, günstiges und lagerfähiges Lebensmittel machen sie zu einem identitätsstiftenden Nahrungsmittel für viele Deutsche.

Darüber hinaus wird der Begriff „Kartoffel“ in einigen migrantischen Milieus als Slang-Begriff für (weiße) Deutsche verwendet, was in der Fachwelt als Ethnophaulismus bezeichnet wird. Dies zeigt, dass der Umgang mit der Kartoffel auch gesellschaftliche und ethnische Dimensionen beinhaltet.

Rückbesinnung auf lokale Produkte

Die Rückbesinnung auf die Kartoffel wird als Teil einer größeren kulinarischen Bewegung betrachtet. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit zeichnet sich eine Tendenz ab, lokale und traditionelle Lebensmittel zu schätzen. Mögliche Gründe für den Anstieg des Verbrauchs von frischen Kartoffeln sind Sonderaktionen im Lebensmitteleinzelhandel sowie der gestiegene Absatz bei Direktvermarktern.

Diese Rückkehr zu den Wurzeln steht auch im Kontext einer wachsenden Diskussion über nachhaltige Ernährung und die Moral der Lebensmittelproduktion. In einer Veröffentlichung über kulinarische Ethnologie wird betont, wie Nahrungsmittel in sozialen und kulturellen Kontexten genutzt werden, um Identitäten zu konstruieren und zu reflektieren. Essen kann starke emotionale Reaktionen hervorrufen und ist oft zentral für den Austausch zwischen Kulturen, insbesondere bei Veranstaltungen wie Weltausstellungen, die auch in Deutschland eine historische Rolle spielten, wie in einem Artikel von Academia.edu beschrieben.

Insgesamt zeigt der aktuelle Trend, dass die Kartoffel nicht nur ein Lebensmittel, sondern auch ein bedeutender Teil der kulturellen Identität ist. Die einfache, bodenständige Knolle wird zunehmend in kulinarischen Praktiken gewürdigt, was die Notwendigkeit unterstreicht, traditionelle Nahrungsmittel zu bewahren und deren Wert neu zu entdecken.