Die Diskussion um die Streichung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nimmt in Nordrhein-Westfalen (NRW) Fahrt auf. Arbeitgeberverbände fordern, dass die Lohnfortzahlung am ersten Tag der Krankheit abgeschafft wird, um Unternehmen von den finanziellen Belastungen durch steigende Krankenstände zu entlasten. Johannes Pöttering, Hauptgeschäftsführer der NRW-Landesvereinigung, argumentiert, dass sogenannte „Karenztage“ ein wichtiger Wettbewerbsfaktor für Betriebe sein könnten. In Schweden beispielsweise gibt es einen ähnlichen Ansatz, bei dem Arbeitnehmer erst ab dem zweiten Krankheitstag Lohn für ihre Arbeitsleistung erhalten.Ruhr24 berichtet, dass NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann die Idee der Karenztage unterstützt und die Stärkung der Eigenverantwortung der Arbeitnehmer sowie die Reduzierung des Missbrauchs von Krankmeldungen als Vorteile herausstellt.

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen zu diesem Vorschlag. Kritiker warnen vor den sozialen und finanziellen Härten, die die Streichung des Lohnes am ersten Krankheitstag für viele Beschäftigte mit sich bringen könnte. Insbesondere für Geringverdienende könnte die fehlende Lohnzahlung in der ersten Krankheitswoche eine ernsthafte Herausforderung darstellen. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass kranke Mitarbeiter zur Arbeit erscheinen und damit möglicherweise Kollegen anstecken. Soziale Ungerechtigkeit sowie die Notwendigkeit, die Unternehmenskultur zu verbessern, werden von den Gegnern des Karenztags stark betont.Tagesschau hebt hervor, dass im Gegensatz zu Deutschland, wo Arbeitnehmer bis zur sechs Wochen lang weiterhin ihr Gehalt erhalten, die Verantwortung in anderen Ländern wie Schweden anders verteilt ist.

Umfrage zeigt besorgniserregende Tendenzen

Eine aktuelle Umfrage des Marktforschungsinstituts Civey im Auftrag von Web.de zeigt, dass 53 Prozent der Arbeitnehmer bei der Einführung eines Karenztags bereit wären, krank zur Arbeit zu gehen. Insbesondere jüngere Arbeitnehmer und solche mit Kindern sind stärker geneigt, trotz Krankheit zur Arbeit zu erscheinen. Unter den Befragten gaben 61 Prozent der 18- bis 29-Jährigen und 62 Prozent der 30- bis 39-Jährigen an, dass sie eher zur Arbeit gehen würden, selbst wenn sie sich unwohl fühlen. Dagegen sind nur 24 Prozent bereit, dies abzulehnen.Merkur berichtet, dass sich die Debatte auch auf das Risiko des Präsentismus konzentriert, also der Praxis, trotz Krankheit zu arbeiten, was sich negativ auf die Gesundheit im Arbeitsumfeld auswirken kann.

Die Reaktionen der Politik auf den Vorschlag sind gemischt. Während CDU-Politiker Sepp Müller offen für Diskussionen über neue Ideen ist, lehnt zum Beispiel Dennis Radtke (CDA) den Vorschlag als „gänzlich inakzeptabel“ ab und bezeichnet ihn als „Klassenkampf von oben“. Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warnte zusätzlich vor den möglichen gesundheitlichen Folgen eines Karenztags, vor allem in Bezug auf die Ansteckungsgefahr.

Zusammenfassend bleibt die Zukunft der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ungewiss. Die Diskussion verdeutlicht die Spannungen zwischen den Bedürfnissen der Arbeitgeber und den sozialen Bedürfnissen der Arbeitnehmer in Deutschland.