Ein Handelskrieg zwischen den USA und Kanada wurde vorerst abgewendet, nachdem US-Präsident Donald Trump zugestimmt hat, eine 25-prozentige Zollgebühr für 30 Tage auszusetzen. Diese Entscheidung folgt auf eine Welle von Protesten in Kanada, wo viele auf einen Boykott von US-Produkten und die Einstellung von Ölexporten in die USA drängen. Besonders brisant ist die Tatsache, dass 97 Prozent der kanadischen Rohölexporte im Jahr 2023 in die USA gingen, was den wirtschaftlichen Druck einer solchen Maßnahme verdeutlicht.

Diese Situation wird durch die engen Handelsbeziehungen verstärkt, die Kanada seit dem Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (NAFTA) mit den USA pflegt. Präsident Trump hatte dieses Abkommen von 2017 bis 2021 neu verhandelt, wobei die daraus resultierenden wirtschaftlichen Verflechtungen weiterhin tiefreichende Auswirkungen auf beide Länder haben.

Energieabhängigkeiten und wirtschaftliche Risiken

Die kanadische Ölproduktion belief sich im Jahr 2024 auf täglich 5,7 Millionen Barrel, von denen etwa 4,3 Millionen Barrel täglich in die USA exportiert wurden. Diese Abhängigkeit von nordamerikanischen Märkten zeigt sich auch im Transport: 89,6 Prozent des kanadischen Rohöls wurden 2024 über Pipelines exportiert. Eine Blockade des Rohölflusses könnte zwar als theoretische Option erscheinen, doch der damit verbundene wirtschaftliche Schaden für Kanada wäre erheblich. Der 1977 unterzeichnete US-Kanada-Transitpipelinesvertrag verbietet zudem Maßnahmen, die den Transport von Kohlenwasserstoffen behindern.

Die wirtschaftlichen Implikationen von höheren Zöllen könnten auch die Kraftstoffpreise in den USA anheben und die Inflation ankurbeln. Schätzungen zufolge könnte die Inflationsrate in den USA auf bis zu 4 Prozent steigen. Besonders in Wahljahren könnte dies die Liberale Partei von Premierminister Justin Trudeau vor Herausforderungen stellen, da exportorientierte Sektoren unter Druck geraten könnten.

Handelsdynamiken in Nordamerika

Der Wert der Exporte von Waren und Dienstleistungen zwischen Kanada und den USA betrug bis November 631 Milliarden USD, was etwa 33 Prozent aller US-Exporte entspricht. Kanada und Mexiko sind die Hauptabnehmer dieser Exporte, die in über 72 Prozent aller Exportkategorien dominieren. Kanada rangiert in 588 Exportkategorien an erster Stelle, darunter auch essentielle Waren wie Autos und Obst. Der Nutzen beider Länder aus der Handelsbeziehung ist unbestreitbar, da Mexiko der wichtigste Handelspartner für die USA bleibt, wobei mehr als 80 Prozent der Exporte direkt in die USA fließen.

Zusätzlich stellt die US-Zollpolitik auch eine Herausforderung für andere Länder dar. Insbesondere Deutschland könnte von den Strafzöllen stark betroffen sein, da viele deutsche Hersteller und Zulieferer in Mexiko produzieren, um den US-Markt zu bedienen. Beispielsweise exportiert Audi 98 Prozent seiner Autos, davon 40 Prozent in die USA. Auch Volkswagen plant, eine Batteriezellfabrik in Ontario, Kanada, zu errichten, um die E-Auto-Werke in den USA zu beliefern.

Die Frage bleibt, ob und wie diese Zollpolitik langfristig die internationalen Handelsdynamiken beeinflussen wird. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass sowohl Kanada als auch die USA vor komplexen Herausforderungen stehen, die weit über kurzfristige wirtschaftliche Überlegungen hinausgehen.

Für weitere Informationen über die aktuellen Zoll- und Handelsfragen zwischen den USA, Kanada und Mexiko besuchen Sie die Artikel von Al Jazeera, Forbes und Deutschlandfunk.