Im Oberlandesgericht Celle hat der Prozess gegen eine 39-Jährige aus dem Landkreis Hildesheim begonnen, die wegen ihrer vermeintlichen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt ist. Ihr werden die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens sowie der Besitz eines illegalen Schlagrings vorgeworfen. Die Angeklagte, die am ersten Prozesstag ihr Gesicht hinter einem Aktenordner versteckte, äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen, plant jedoch, sich später zu ihrer Verteidigung zu äußern. Dies ist das erste Verfahren dieser Art in Niedersachsen.
Nach Angaben der Anklage war die Angeklagte Teil der sogenannten „Kaiserreichsgruppe“, die 2022 großangelegte Pläne schmiedete, um einen bundesweiten Stromausfall herbeizuführen und eine Entführung des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach durchzuführen. Die Unschuldsvermutung gilt für die Beschuldigte, während die Generalstaatsanwaltschaft Celle mehr als 20 Verhandlungstage angesetzt hat, um ihre Rolle in dieser Gruppe zu klären.
Die „Kaiserreichsgruppe“ und ihre Ziele
Die „Kaiserreichsgruppe“, auch bekannt als „Vereinte Patrioten“ und unter den Namen „Deutschland Tag X“, ist eine mutmaßlich rechtsterroristische Organisation, die aus der Reichsbürger- und Querdenkerbewegung hervorgegangen ist. Diese Gruppe wurde im Herbst 2021 gegründet und trat im April 2022 erstmals in die Öffentlichkeit. Bis Ende 2023 wurden mindestens elf Personen als mutmaßliche Mitglieder oder Unterstützer festgenommen, darunter auch die Angeklagte.
Ein besonders besorgniserregendes Ziel dieser Gruppierung ist die Auslösung eines Bürgerkriegs und der Umsturz der bestehenden Staatsordnung an einem sogenannten „Tag X“. Zu diesem Zweck hatten die Mitglieder großangelegte Anschläge auf das Stromnetz sowie die Entführung von Karl Lauterbach geplant. Im Rahmen ihrer Aktivitäten organisierten sie konspirative Treffen, bei denen Waffen besessen und der Umgang mit Sprengstoffen besprochen wurde. Die Gruppe trug somit erheblich zur Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bei.
Vorwürfe und Kontext
Im Februar 2022 wandte sich die Angeklagte während einer Corona-Demonstration an eine Polizistin und äußerte, dass sie vor einem bevorstehenden Verbrechen warnen wollte. Laut ihren Angaben wurde sie bei einem Treffen rekrutiert und sagte der Polizistin, dass sie an Plänen beteiligt sei, die auf einen Sturz der Bundesregierung und die Rückführung zu den Verhältnissen des Deutschen Kaiserreiches von 1871 abzielten. Insgesamt gab sie an, dass rund 1.500 Mitglieder hinter diesen Plänen stehen.
Rechtsextremismus bleibt ein wachsendes Problem in Deutschland, wie aktuelle Statistiken zeigen. Im Jahr 2023 betrug das gesamte Personenpotenzial der gewaltorientierten Rechtsextremisten in Deutschland etwa 14.500 Personen, was einen bemerkenswerten Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren darstellt. Zudem wurden 25.660 rechtsextremistische Straftaten verzeichnet, was einer Steigerung von 22,4 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dies verdeutlicht die zunehmende Bedrohung, die von Gruppen wie der „Kaiserreichsgruppe“ ausgeht und die Sicherheit der Bürger beeinträchtigt.
Die Entwicklung dieser Gruppen und ihrer Aktivitäten hat überregionale Aufmerksamkeit erregt, und die Sicherheitsbehörden verfolgen die Situation genau. In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Verhaftungen und laufende Verfahren, die den Ernst der Lage unterstreichen. Der Prozess gegen die Angeklagte in Celle ist somit nur ein Teil eines größeren Problems, das Deutschland und dessen Sicherheitsarchitektur herausfordert.
Für Karl Lauterbach, der aufgrund der Bedrohungen Personenschutz erhält, sind die Nachrichten über derartige Gruppierungen alarmierend. Er äußerte Besorgnis hinsichtlich der Gefährlichkeit solcher Organisationen, die bewusst versuchen, durch Gewalt und Terror einen politischen Wandel herbeizuführen.
Die rechtlichen Konsequenzen für die Angeklagte werden von der Öffentlichkeit mit Spannung erwartet. Die kommenden Verhandlungstage in Celle sollen mehr Licht auf die Hintergründe ihrer Mitgliedschaft und der weitreichenden Pläne der „Kaiserreichsgruppe“ werfen.
Weitere Informationen über die „Vereinten Patrioten“ finden Sie in den Artikeln von mopo.de und Wikipedia. Für statistische Daten zum Rechtsextremismus in Deutschland siehe Verfassungsschutz.