Manfred Genditzki, der mehr als 13 Jahre unschuldig im Gefängnis saß, hat einen langen Weg durch das deutsche Justizsystem hinter sich. Im Juli 2023 wurde er vom Vorwurf freigesprochen, 2008 in Rottach-Egern eine Seniorin ertränkt zu haben. Nach der Aufhebung seines Urteils stellte das Gericht fest, dass die 87-jährige Rentnerin durch einen Sturz gestorben war und nicht durch ein Verbrechen Genditzkis, was als Justizirrtum eingestuft wurde. Seine unrechtmäßige Verurteilung beruhte auf fehlerhaften Gutachten, die später widerlegt wurden.

Genditzki erhielt eine Quittung für 4916 Tage Haft, die seine Schadensersatzforderung von knapp 551.000 Euro um nahezu 100.000 Euro kürzte. Abzüge von 50.442,48 Euro für Kost und Logis sowie 48.979,06 Euro für seine Arbeit in der Gefängniswäscherei wurden als rechtmäßig erachtet. Die Generalstaatsanwaltschaft München beruft sich dabei auf das Bürgerliche Gesetzbuch sowie das Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen von 1971. Genditzkis Anwältin, Regina Rick, kritisiert diese Abrechnung jedoch als absurd und grotesk.

Rechtliche Auseinandersetzungen und Forderungen

Insgesamt hat Genditzki bis jetzt rund 368.000 Euro an Haftentschädigung und 452.000 Euro Schadensersatz erhalten. Zusätzlich verklagt er den Freistaat Bayern auf weitere 750.000 Euro Schmerzensgeld. Die bayerische Justiz erhebt jedoch auch Gegenforderungen in Höhe von nahezu 100.000 Euro als „Vorteilsausgleich“. Diese Forderungen beziehen sich auf die staatlichen Kosten für Kost und Logis in der Haft sowie Bezüge für seine Arbeiten im Gefängnis.

Der Vorteilsausgleich wird häufig als ungerecht kritisiert. Es wird argumentiert, dass es nicht hinnehmbar sei, von einem Justizopfer, das zu Unrecht verurteilt wurde, auch noch die geringen Arbeitsentgelte abzuverlangen. Genditzki, der bald 65 Jahre alt wird, hat einen erheblichen Teil seines Lebens im Gefängnis verbracht und leidet weiterhin unter den juristischen Auseinandersetzungen nach seiner Freilassung.

Reformbedarf und vergangene Entscheidungen

In Betrachtungen zu dieser Thematik wird eine Reform des Strafrechtsentschädigungsgesetzes (StrEG) als notwendig erachtet. Diese wurde jedoch aufgrund des Auseinanderbrechens der Ampelkoalition nicht umgesetzt. In Deutschland haben Häftlinge Anspruch auf eine Entschädigung von derzeit 75 Euro pro Hafttag, was Genditzki bei der Berechnung seiner Entschädigung zugute kommt. Dennoch bleibt die Diskussion über die gerechten Regelungen für Justizopfer und die Rückzahlung von Vorteilen, die sich aus ungerechten Inhaftierungen ergeben, im Raum.

Der Bundesgerichtshof hat in der Vergangenheit entschieden, dass es nicht gerechtfertigt ist, von einem Justizopfer einen Vorteilsausgleich einzufordern, wenn der Staat den Schaden verursacht hat. Diese Argumentation könnte auch bei Genditzkis Fall eine Rolle spielen. Er ist nicht der erste Fall in Deutschland; ein ähnliches Schicksal erlitt Gustl Mollath, der 2019 eine Entschädigung von rund 670.000 Euro nach einer Klage gegen den Freistaat erhielt.

Wie die Vorsitzende Richterin des Wiederaufnahmeverfahrens im Namen des Gerichts anmerkte, ist es von enormer Bedeutung, die Verantwortlichkeit innerhalb des Justizsystems zu überdenken, um zukünftigen Ungerechtigkeiten entgegenzuwirken.