Der Sozialverband Deutschland (SoVD) fordert dringend eine bessere Unterstützung für Kinder und Jugendliche, die als Young Carer ihre pflegebedürftigen Familienmitglieder betreuen. Diese komplexe Problematik wird zunehmend sichtbar, insbesondere durch die Einschätzung des SoVD-Vorsitzenden in Niedersachsen, Dirk Swinke, der die aktuelle Situation als besorgniserregend bezeichnet. Es fehle eine starke Lobby für diese jungen Menschen, die sich oft anonym und allein mit ihrer hohen Verantwortung auseinandersetzen müssen. In Niedersachsen sollte die Landesregierung diese Gruppe stärker in den Fokus rücken, um entsprechende Hilfen bereitzustellen, da die Anzahl der Young Carer dort unbekannt ist.

Bundesweit gibt es etwa 480.000 Kinder und Jugendliche, die sich um chronisch kranke oder pflegebedürftige Angehörige kümmern, wie eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag zeigt. Diese Zahlen stammen aus einer Studie, die zwischen Mitte 2015 und Ende 2017 durchgeführt wurde und belegen, dass Young Carer oft eine schlechtere Lebensqualität als ihre Altersgenossen empfinden. Es ist erwähnenswert, dass es keine einheitliche Definition für Young Carer gibt, was die Situation zusätzlich kompliziert.

Herausforderungen für Young Carer

Die Verantwortung, die bei der Pflege von Angehörigen liegt, kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die betroffenen Kinder und Jugendlichen haben. Positiv ist der stärkere Familienzusammenhalt und ein erhöhtes Selbstwertgefühl. Auf der anderen Seite gibt es jedoch gravierende negative Effekte. Viele Young Carer haben nicht genug Zeit für soziale Kontakte, Hobbys und schulische Verpflichtungen. Dies kann zu einer seelischen Belastung führen, da sie oft das Leiden ihrer erkrankten Angehörigen miterleben müssen.

Zusätzlich erleben viele Young Carer Angst vor dem Einschreiten von Behörden, was sie dazu bringt, ihre Sorgen und Nöte für sich zu behalten. In extremen Fällen haben Eltern ihren Kindern sogar ein Redeverbot auferlegt, was die seelische Belastung weiter erhöht und die persönliche Entwicklung der jungen Pflegenden beeinträchtigen kann. Die Kritik des SoVD an den derzeitigen Unterstützungsangeboten ist daher mehr als berechtigt: Oft sind Beratungsstellen rar und Angebote sind nicht spezifisch auf die Bedürfnisse dieser Gruppe ausgerichtet.

Finanzielle Unterstützung und Pflegegutachten

Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Pflege durch Angehörige ist die finanzielle Unterstützung. Hierbei wird betont, dass diese Unterstützung nur durch ein Pflegegutachten erlangt werden kann. Gutachter beurteilen die Selbstständigkeit und Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person in verschiedenen Lebensbereichen, die als Module bezeichnet werden. Diese Module umfassen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen sowie Selbstversorgung.

Modul Inhalt
1 Mobilität – Bewertung der körperlichen Bewegungsfähigkeit
2 Kognitive und kommunikative Fähigkeiten – Verständnis und Ausdrucksfähigkeit
3 Verhaltensweisen und psychische Problemlagen – Unterstützung durch Pflegeperson
4 Selbstversorgung – Körperliche Versorgung wie Essen und Hygiene
5 Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen – Umsetzung ärztlicher Anordnungen
6 Gestaltung des Alltagslebens – Selbstständigkeit im Alltag

Die Forderung des SoVD nach einem tragfähigen Konzept zur Unterstützung von Young Carern ist damit ein wichtiger Schritt. Es braucht Maßnahmen, die die Lebensqualität dieser jungen Pflegenden verbessern und ihnen die Herausforderungen, die mit der Pflege verbunden sind, erleichtern.