Die ehemalige Landwirtschaftsministerin und Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner (CDU) wird in diesem Jahr als Beklagte vor dem traditionellen Narrengericht in Stockach im Kreis Konstanz angeklagt. Narrenrichter Jürgen Koterzyna gab die Neuigkeit im Rahmen des Dreikönigstreffens der Stockacher Narren bekannt. Klöckner, die im Jahr 2025 52 Jahre alt ist, steht vor der Herausforderung, sich gegen humorvolle Anklagepunkte zu verteidigen, die unter anderem Mediengeilheit und Feminismus umfassen. Das Narrengericht in Stockach hat eine über 600-jährige Geschichte und ist fest in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht verankert. Diese Tradition soll auf die „Schlacht am Morgarten“ im Jahr 1315 zurückgehen, als der Hofnarr Kuoni von Stocken das Privileg erlangte, einmal jährlich Gericht zu halten.

Die Anklagepunkte gegen Klöckner könnten zu einer zum Teil parodistischen Verhandlung führen, die am Schmotzigen Dunschtig, dem 27. Februar 2025, vor Rosenmontag stattfinden wird. Unter den früheren Beklagten des Narrengerichts finden sich prominente Politiker wie Franz Josef Strauß (CSU), Angela Merkel (CDU) und Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Zuletzt musste sich auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dem scharfen Witz der Narren stellen. Das Narrengericht verhandelt nach dem Prinzip des Rügerechts, das es ermöglicht, Verfehlungen auf närrische Weise öffentlich zu machen.

Hintergrund der Anklage

Julia Klöckner wird insbesondere vorgeworfen, eine „glühende Anhängerin der Frauenquote“ zu sein. Ihre umstrittene Äußerung über „nicht nur talentierte Jungs und grenzdebile Frauen“ hat in der Vergangenheit für Aufsehen gesorgt und könnte ihre Verteidigung vor dem Narrenrechtshof erschweren. Das Gericht besteht traditionell aus Männern und zeigt sich mit Klöckners Umgang mit Geschlechterfragen äußerst kritisch. Dennoch wird Klöckner auch positiv betrachtet, da sie aus einer Winzerfamilie stammt und einst als deutsche Weinkönigin fungierte.

Die Tradition des Narrengerichts lebt nicht nur während der Fastnacht, sondern hat auch eine tiefere kulturelle Bedeutung für die Region. Im Rahmen der Anklage gibt es Rituale, in denen Lieder gesungen, Tänze getanzt und Texte verlesen werden. Die Bruderschaft des Ehrbaren Narrengerichts, die sowohl männliche als auch weibliche Mitglieder umfasst, ist aktiv in der lokalen Gemeinschaft und kennzeichnet sich durch ihre sozialen und kulturellen Aktivitäten.

Tradition und Strafe

Der Brauch des Narrengerichts sieht vor, dass die Beklagte in der Regel mit einer Lieferung von Strafwein bestraft wird. Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zeigen, dass die Konsequenzen humorvoll interpretiert werden: Cem Özdemir wurde beispielsweise 2020 zu drei Eimern (ca. 180 Liter) verurteilt. Während die Auswahl der Beklagten dieses Jahr aufgrund der politischen Situation, insbesondere der Ampel-Aus und möglichen Neuwahlen, als schwierig galt, bleibt die Festlichkeit und die Spontaneität des Narrengerichts ein wichtiger Teil der Fastnachtstradition in Deutschland.