Die Situation für jüdische Studierende an deutschen Hochschulen ist alarmierend. Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 fühlen sie sich in einer „andauernden Ausnahmesituation“, wie RP Online berichtet. Der Lagebericht der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD) und des American Jewish Committee (AJC) beleuchtet die dramatische Entwicklung: Universitäten, die einst als sichere Räume galten, sind zunehmend von antisemitischen Vorfällen geprägt.
Die Präsidentin der JSUD, Hanna Veiler, äußert Besorgnis darüber, dass viele Studierende aus Angst ihren Campus meiden. An den Hochschulen häufen sich Berichte über eine Vielzahl von Vorfällen, darunter Hörsaalbesetzungen unter Intifada-Rufen, offene Rechtfertigungen für die Hamas und tätliche Angriffe. Die aufsichtsführende Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) dokumentierte im Jahr 2023 insgesamt 151 antisemitische Vorfälle an Hochschulen, was einem beunruhigenden Anstieg von fast 83 Prozent im Vergleich zu 2022 entspricht, als es lediglich 23 Vorfälle gab, betroffen waren damals zwei Personen.
Die Erfahrungsberichte der Studierenden
Immer mehr jüdische Studierende berichten, dass sie sich nicht mehr frei bewegen können. Viele vermeiden öffentliche Auftritte, um nicht in den Fokus antisemitischer Äußerungen zu geraten. „Die Universitäten müssen wieder zu sicheren Orten für alle werden“, fordert Veiler. Sie betont, dass viele Hochschulen das Problem erkannt haben, jedoch oft nicht entscheidend handeln. Der drastische Anstieg von 4.782 antisemitischen Vorfällen in Deutschland zeigt die Dringlichkeit der Lage.
Ein besonders schwerer Vorfall war der brutale Angriff auf den Studenten Lahav Shapira im Februar 2024 an der Freien Universität Berlin. Veiler bezeichnet Berlin als neuen „Hotspot“ antisemitischer Vorfälle und kritisiert, dass die FU Berlin nicht ausreichend reagiert.
Forderungen an die Hochschulen und die Politik
Die JSUD hat klare Forderungen formuliert, um die Sicherheit jüdischer Studierender zu gewährleisten. Dazu gehören die Einrichtung von Ansprechpersonen für jüdische Studierende und der Ausschluss von Personen, die wegen antisemitischer Straftaten verurteilt wurden. Der Bericht enthält insgesamt 15 Forderungen an die Hochschulen.
Ergänzend fordert die JSUD von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger eine klare Äußerung zur „dramatischen Lage“ und Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus an Hochschulen. Insbesondere werden Schulungen zu modernem Antisemitismus für Mitarbeitende sowie die Durchsetzung des Hausrechts bei Protesten von externen Personen gefordert.
Charlotte Knobloch, Holocaust-Überlebende, äußert in diesem Zusammenhang ihre tiefe Besorgnis über die derzeitigen Sicherheitsmaßnahmen für jüdisches Leben in Deutschland, die bereits Überwachung und kugelsicheres Glas beinhalten. Anlässlich der Reichspogromnacht im November 2024 wurde auf die erschreckende Sicherheitslage hingewiesen, nachdem durch die Terrorangriffe der Hamas über 1000 Menschen getötet und mehr als 200 als Geiseln genommen wurden.
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, warnt eindringlich vor dem aufflammenden Judenhass im Land. Es ist ein eindringlicher Appell an die Hochschulen, die Stimmen der jüdischen Studierenden ernst zu nehmen und sie aktiv zu unterstützen. Die nächste Generation soll sich wieder sicher und wohl an deutschen Universitäten fühlen, eine Grundvoraussetzung für eine offene und freie Bildungsgesellschaft.
In dieser angespannten Stimmung ist es wichtiger denn je, dass Universitäten und Politik die notwendigen Schritte einleiten, um den steigenden Antisemitismus zu bekämpfen. Das Wohl und die Sicherheit der Studierenden müssen an erster Stelle stehen, damit niemand mehr das Gefühl hat, seine Identität verstecken zu müssen oder am Campus nicht mehr sicher zu sein. Die Zeit zu handeln ist jetzt.