Jüdische Studierende in Deutschland reagieren alarmiert auf eine steigende Welle von Antisemitismus an Universitäten. Hanna Weiler, Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD), hält die Lage für bedrohlich. In einem kürzlich veröffentlichten Lagebericht, den sie zusammen mit Remko Leemhuis, Direktor des American Jewish Committee Berlin (AJC), erstellt hat, wird auf die massiven antiisraelischen und antisemitischen Agitationen hingewiesen, die nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 an die Oberfläche traten. Jüdische Studierende berichten von einem Klima, in dem sie sich nicht mehr sicher fühlen, und viele vermeiden es, ihre jüdische Identität offen zu zeigen.
Der Bericht basiert auf Daten der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) und zeigt einen alarmierenden Anstieg antisemitischer Vorfälle: Von 23 im Jahr 2022 stieg die Zahl der Vorfälle an Hochschulen auf 151 im Jahr 2023. Insgesamt wurden in Deutschland 4.782 antisemitische Vorfälle dokumentiert. Insbesondere antiisraelische Slogans und Gewaltaufrufe seien auf Protesten zunehmend sichtbar geworden, was dazu führt, dass jüdische Studierende aus Angst um ihre Sicherheit aus dem öffentlichen Leben an den Hochschulen fernbleiben.
Steigende Anzahl von Vorfällen
Die Daten des Lageberichts belegen einen signifikanten Anstieg der direkt betroffenen jüdischen oder israelischen Personen von 2 im Jahr 2021 und 2022 auf 38 im Jahr 2023. Die Berichte von Studierenden umfassen antisemitische Schmierereien sowie Anfeindungen in sozialen Netzwerken. Protestcamps, die sich an US-Vorbildern orientieren, hemmen die akademische Freiheit und richten sich gegen Israel, indem sie das Land als Kolonialstaat darstellen.
Weiler äußert, dass sich das Klima so stark verändert hat, dass Studierende aus Angst ihre Meinungen nicht mehr äußern und ihre Identität verbergen. Zudem kursieren in Uni-Chatgruppen zunehmend israelfeindliche Inhalte, die zur weiteren Ausgrenzung und Bedrohung jüdischer Studierender beitragen, während die Online-Hetze den Uni-Alltag beeinflusst. Trotz einiger Hochschulen, die sich in Erklärungen gegen Antisemitismus positionieren, fehlen oft schlüssige Maßnahmen zur effektiven Bekämpfung dieser Vorfälle.
Forderungen und politische Reaktionen
Weiler und Leemhuis fordern klare Konsequenzen für antisemitische Handlungen, einschließlich der Einrichtung von Antisemitismusbeauftragten an Hochschulen und einer konsequenten Verfolgung antisemitischer Straftaten. Ihr Bericht schlägt zudem 16 politische Forderungen vor, unter anderem Investitionen in die Antisemitismusforschung und das Ende von Kooperationen mit Hochschulen der Islamischen Republik Iran. Weiler zeigt sich besorgt über die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland und plant, aufgrund dieser Situation das Land zu verlassen.
Zusammenfassend wird der Lagebericht als eindringlicher Appell an Hochschulen und die Politik verstanden, die Universitäten dringend wieder zu sicheren Orten für jüdische Studierende zu machen. Die Herausforderungen, vor denen diese Studierenden stehen, eröffnen einen dringenden Diskurs über die Notwendigkeit effektiver Maßnahmen gegen Antisemitismus an deutschen Hochschulen. Laut WDR ist das Klima an vielen Universitäten so besorgniserregend geworden, dass sich eine Vielzahl von Studierenden nicht mehr traut, ihre jüdische Identität offen zu leben. Der Bericht von Die Zeit beschreibt die überall präsente antisemitische Propaganda und Gewaltandrohungen, denen jüdische Studierende ausgesetzt sind, als inakzeptabel und verlangt nach sofortigen Maßnahmen.