José F. A. Oliver, ein in Hausach im Schwarzwald lebender deutsch-spanischer Schriftsteller, geht in seiner Arbeit konsequent der Frage nach, was es bedeutet, mit einer Migrationsgeschichte zu leben. Trotz seiner 63 Jahre in Deutschland wird er täglich mit seiner Herkunft konfrontiert. Seine Eltern kamen in den 1960er Jahren als Gastarbeiter aus Malaga nach Deutschland. In seinem neuen Essayband „In jeden Fluss mündet ein Meer“ thematisiert er seine kulturellen Erfahrungen und stellt Fragen zu Identität und Zugehörigkeit in der aktuellen Migrationsdebatte.

Oliver, der fließend Deutsch, Alemannisch und Hochspanisch spricht, hat in Büchern wie „Mein andalusisches Schwarzwalddorf“ und „Fremdenzimmer“ seine Erlebnisse als Kind von Gastarbeitern verarbeitet. Trotz seines Erfolgs, er war der erste Schüler ohne deutschen Pass, der in Hausach das Abitur machte, kämpft er weiterhin mit Vorurteilen. So thematisiert er auch das Erstarken der AfD und die damit verbundenen Ängste und Anfeindungen gegenüber Menschen mit Migrationsgeschichte. Diese Erfahrungen machen Oliver trotz zahlreicher Auszeichnungen, darunter der Heinrich-Böll-Preis im Jahr 2021, oft ängstlich und unsicher.

Sprache und ihre Macht in der Migrationsdebatte

Ein besonders kritischer Aspekt von Olivers Argumenten ist die Sprache in der Migrationsdebatte. So kritisiert er Begriffe wie „Zustrombegrenzungsgesetz“ und „Wirtschaftsflüchtling“, die seiner Meinung nach nicht nur die Realität verzerren, sondern auch gesellschaftliche Machtverhältnisse abbilden. Wie bpb.de feststellt, spiegeln Konflikte um Sprache oft gesellschaftliche Machtverhältnisse und selbstverständliche Deutungen wider. Begriffsgeschichte und Diskursanalyse spielen eine zentrale Rolle, um zu verstehen, wie politische und materielle Bedingungen die Wahrnehmung von Migration beeinflussen.

Die Herausforderung, mit der Oliver und andere Kontrapunkte in der Migrationsdebatte konfrontiert sind, ist die ethnozentrische Sprache, die oft benutzt wird. Begriffe wie „Überfremdung“ und „Rückführungspatenschaften“ tragen zur Stigmatisierung von Migrant:innen bei und reduzieren die Komplexität ihrer Geschichten auf ein einseitiges Narrativ.

Kulturelle Bildung und Rassismuskritik

Ein weiterer relevanter Aspekt im Zusammenhang mit Olivers Arbeit ist die Notwendigkeit einer rassismuskritischen Perspektive in der kulturellen Bildung. Wie kubi-online.de berichtet, sollte Bildungssysteme unterstützen, um nicht nur den Zugang zu Bildung für geflüchtete Menschen zu fördern, sondern auch rassistische und dominante Wissensordnungen zu hinterfragen. Ein Projekt an der Katholischen Hochschule NRW zielt darauf ab, rassismuskritische und diversitätssensible Diskursanalysen der kulturellen Bildungsangebote zu entwickeln.

Kulturelle Bildungsangebote stoßen immer wieder auf Paternalismus und ethnisierende Fixierungen, die bestehende Ordnungen von Zugehörigkeit reproduzieren können. Dies steht im Widerspruch zu den Zielen der Integration und Teilhabe. Diskurse in der kulturellen Bildung müssen hinterfragt werden, um den vielfältigen und pluralen Perspektiven von Migrant:innen gerecht zu werden.

Oliver, der auch als Poetik-Dozent an verschiedenen Universitäten tätig ist, setzt sich aktiv dafür ein, dass die Sprachsensibilität von Kindern und Jugendlichen gefördert wird. Durch Schreibwerkstätten möchte er dazu beitragen, dass die Geschichten von Migrant:innen anerkannt und der vielschichtigen Realität von Migration Rechnung getragen wird.

In einer Zeit, in der rassistische Diskurse an Bedeutung gewinnen, ist die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Verstrickung in diese Strukturen unerlässlich. Für Oliver ist es wichtig, die Ängste, die aus diesen Diskursen entstehen, zu benennen und zu thematisieren, um die gesellschaftlichen Verhältnisse zu wandeln und ein Verständnis für die vielgestaltigen Erfahrungen von Migrant:innen zu fördern.