Italien plant eine umfassende Rückkehr zur Atomenergie, nachdem das Land vor etwa 35 Jahren auf die Nutzung nuklearer Energie verzichtet hatte. Der Ministerpräsident Giorgia Meloni hat seit Ende 2022 mehrere Ankündigungen in diese Richtung gemacht. Energieminister Gilberto Pichetto Fratin betont, dass Atomkraft einen bedeutenden Beitrag zur Ergänzung erneuerbarer Energien leisten und einen nachhaltigen Energiemix gewährleisten soll.
Um dies zu erreichen, soll bis Ende 2027 ein rechtlicher Rahmen für den Neubeginn der Atomkraftwerke in Italien geschaffen werden. Ein erster Entwurf für ein Rahmengesetz wird dem Kabinett in Kürze vorgelegt, was einen entscheidenden Schritt in diese Richtung darstellt.
Historischer Kontext der Atomkraft in Italien
Italien trat nach der Katastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 aus der Atomenergie aus. Die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke erfolgte 1990 nach einer Volksabstimmung, in der sich die Bevölkerung gegen die weitere Nutzung von Kernenergie aussprach. Frühere Überlegungen zur Wiederbelebung der Atomkraft wurden nach der Fukushima-Katastrophe 2011 gestoppt, als viele Länder, darunter auch Italien, ihre Pläne überdachten.
Die Argumentation für eine Rückkehr zur Atomkraft wird von der Regierung Melonis stark unterstützt, während die Opposition und Umweltschützer die Pläne energisch kritisieren. Pichetto Fratin hebt hervor, dass die Atomkraft in diesem neuen Kontext keine Alternative, sondern eine Ergänzung zu den erneuerbaren Energien darstellen soll.
Zukünftige Technologien und Herausforderungen
In den Überlegungen zur neuen Atomstrategie sind Technologien wie kleine modulare Reaktoren und Fusionsreaktoren vorgesehen. Diese sollen nicht nur eine effizientere Nutzung von Atomenergie ermöglichen, sondern auch dazu beitragen, die Herausforderungen der energiepolitischen Transformation in Italien zu bewältigen.
Auf europäischer Ebene ist der Atomstrom ein umstrittenes Thema. In der EU erzeugen derzeit 14 von 27 Mitgliedstaaten Atomstrom, während Länder wie Deutschland und Belgien aus der Atomenergie aussteigen. Gleichzeitig ist die Zahl der in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke von 177 im Jahr 1989 auf 134 im Jahr 2012 gesunken. Diese Veränderungen spiegeln die unterschiedlichen Politiken und Ansichten zu den Risiken und Vorteilen der Atomkraft wider.
Die globale Perspektive zur Atomenergie bleibt ebenfalls kompliziert, da die Atomindustrie mit Herausforderungen wie mangelnden Fertigungskapazitäten, Fachkräftemangel und steigenden Baukosten konfrontiert ist. Trotz dieser Probleme wird Atomkraft weiterhin als CO2-freie Energiequelle beworben, doch der indirekte CO2-Ausstoß durch Uranabbau und Baumaßnahmen ist ebenfalls zu berücksichtigen.
Die Erwartungen bezüglich der technologischen Möglichkeiten und der Wirtschaftslichkeit der Atomkraft sind aufgrund dieser Herausforderungen unsicher. Dennoch scheinen die italienischen Pläne fest entschlossen, die Diskussion um die Rolle der Atomenergie in der zukünftigen Energieversorgung Europas neu zu beleben.
Für weitere Informationen zu den Rückkehrplänen Italiens zur Atomenergie lesen Sie die Berichte von Ostsee-Zeitung, n-tv und bpb.de.