Im Jahr 1904 war der bekannte Schriftsteller Karl May in Bad Nauheim und Friedberg anzutreffen. Wie die Frankfurter Neue Presse berichtete, war Mays Aufenthalt jedoch nicht für einen Kuraufenthalt vorgesehen, sondern diente einem Gerichtsprozess und einem Freundschaftstreffen. Am 26. Oktober 1904 reiste er gemeinsam mit seiner Frau nach Bad Nauheim und übernachtete im Hotel Reichshof. Klara May dokumentierte ihre Erlebnisse während dieses Aufenthalts, an dem Karl May Weggefährten wie den Mainzer Bürgermeister Dr. Emil Göttelmann und den Baurat Dr. Carl Eser traf.
Im Rahmen des Aufenthalts fand am 20. Oktober 1904 ein Gerichtstermin in einem juristischen Konflikt statt, dessen Ausgang jedoch ohne Entscheidung blieb. Karl May war in der Vergangenheit häufig mit dem Gesetz in Konflikt geraten und hatte aufgrund diverser Delikte in seiner Jugend Haftstrafen verbüßt. Es wird berichten, dass die Anklage gegen ihn wegen Beleidigung aus einem Artikel im „Stern der Jugend“ resultierte. Am 26. Oktober 1904 fand ein Treffen zwischen May, Eser und Göttelmann im alten Badehaus I statt, wobei Eser und Göttelmann eine enge Korrespondenz mit May führten. Klara May beschrieb Göttelmann als außergewöhnlich und Eser als treu und ehrlich. Eser verabschiedete die Mays am 31. Oktober 1904 am Bahnhof mit einem Rosenbuschen.
Hintergründe zu Mays rechtlichen Auseinandersetzungen
Karl May war während seines Lebens in zahlreiche rechtliche Auseinandersetzungen verwickelt. Laut Justament hatte er insgesamt gut hundert Prozesse zu verzeichnen. Seine ersten gerichtlichen Erfahrungen, unter anderem als Lehrer, führten zu einer Verurteilung, weil er eine ausgeliehene Taschenuhr nicht zurückgab. Diese Verurteilung, die damals zu sechs Wochen Gefängnis führte, wurde später als ungerechtfertigt angesehen und prägte Mays Lebensweg. In Rache für diese Erfahrungen begann er eine kriminelle Laufbahn, die ihn letztlich zu einer Verurteilung wegen Hochstapelei führte und vier Jahre Zuchthaus nach sich zog.
Die Erfahrungen vor Gericht fanden auch ihren Ausdruck in Mays literarischen Werken, insbesondere in der Darstellung von Unschuld und Anklage. Mays Auseinandersetzungen mit dem Rechtssystem hinterließen somit nicht nur persönliche, sondern auch literarische Spuren. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Mays Leben in Bezug auf rechtliche Aspekte hat zum Beispiel Jürgen Seul in einer detaillierten Biographie festgehalten, die sich mit Mays Aufstieg, seinem Ehescheidungsprozess, Verlagsprozessen und seinem Verhältnis zur Presse beschäftigt.