Prof. Dr. Klaus Dörre ist als neuer Gastprofessor am Kassel Institute for Sustainability an der Universität Kassel bestellt worden. Dörre, der zuvor unter anderem an der Friedrich-Schiller-Universität Jena lehrte, sieht die Region Kassel im Zentrum der Transformation, insbesondere der Automobilindustrie. In seiner Antrittsrede betonte er die Möglichkeiten, die sich aus der aktuellen Transformation ergeben, und drückte seine Dankbarkeit für die Chance aus, hier zu forschen und zu lehren. Er plant, eine eingehende Studie zur Transformation des Volkswagen-Werks in Baunatal, welches bis zu 8000 Arbeitsplätze verlieren könnte, zu vertiefen.
Dörre möchte das VW-Werk mit Studierenden besuchen und ermutigt Praktiker aus der Industrie, an die Universität zu kommen, um gemeinsam über die Herausforderungen und Chancen der E-Mobilität zu diskutieren. Diese kommen zu einem Zeitpunkt, an dem Volkswagen seinen Fokus verstärkt auf die Elektromobilität richtet, und gleichzeitig als größtes Komponentenwerk von Volkswagen gestärkt durch seine 16.000 Beschäftigten einen Übergang zu neuen Technologien durchlebt.
Transformation der Automobilindustrie
Das Werk in Baunatal hat aktuell hohe Produktionszahlen im Abgasanlagenbau, wo jährlich zwei Millionen Anlagen für Verbrenner produziert werden. Gleichzeitig entwickelt Volkswagen neue Produkte wie den APP 550, einen Elektroantrieb für die ID-Modellfamilie. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass der Automobilriese auch unter Druck steht: Der Diesel-Skandal hat VW hohe Strafen in den USA gekostet, und in China muss das Unternehmen Wettbewerbsdruck von neuen Startups ertragen. Zudem drohen EU-Strafzölle auf importierte E-Autos aus China, was die Geschäftslage weiter kompliziert.
Die Transformation zur Elektromobilität ist nicht frei von Sorgen. Viele Beschäftigte im VW-Werk äußern Bedenken hinsichtlich ihrer Zukunft und dem möglichen Verlust ihrer Arbeitsplätze. Eine Studie der Universität Jena belegt diese Ängste und zeigt, dass trotz der Beschäftigungssicherung bis 2029 Unsicherheiten bestehen bleiben. Der Betriebsrat hat daher ungewöhnliche Methoden angewandt, um die Belegschaft für den Wandel zu begeistern, wodurch ein gewisses Maß an Sicherheit vermittelt werden soll.
Auswirkungen auf die Arbeitsplätze
Die Automobilindustrie strebt Klimaneutralität bis 2050 an, wobei für das CO₂-Zwischenziel 2030 eine größere Nutzung batterieelektrischer Antriebe vorgesehen ist. Doch die Umstellung wird voraussichtlich erhebliche Arbeitsverluste mit sich bringen. Eine Studie des BMWi aus 2019 schätzt, dass bei einer Elektrifizierung von 80 % der Pkw-Produktion circa 170.000 Arbeitsplätze in der Branche verloren gehen könnten. Dies betrifft sowohl die Hersteller als auch die Zulieferer.
Die Reduzierung der Komplexität bei Elektromotoren im Vergleich zu Verbrennungsmotoren – sie bestehen aus weniger Teilen – ist ein Grund für diese drohenden Verluste. Auch die Wertschöpfung in der Fertigung von Batteriekomponenten findet größtenteils außerhalb der EU statt, insbesondere in Asien. Deutsche Hersteller arbeiten daran, eigene Batteriezellproduktionen aufzubauen, um den Herausforderungen der Transformation zu begegnen.
Im Rahmen der Transformation sieht Dörre auch das Potenzial der Region Nordhessen, die sich durch eine hohe migrantische Prägung auszeichnet. Zwei Drittel der Arbeitsplätze in Kassel befinden sich im Dienstleistungssektor, wobei viele davon prekär sind. Dörre wird auch diese soziale Dimension in seine Forschung einbeziehen, insbesondere die politischen Strömungen im ländlichen Raum, wo der AfD-Wähleranteil hoch ist.
Der „Kasseler Weg“, eine Strategie, die soziale Verantwortung, Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz vereint, dient als Leitfaden für die Entwicklungsziele der Region. Der Kontakt zwischen Universität und Industrie, wie er von Dörre angestrebt wird, könnte dazu beitragen, diese Herausforderungen gemeinsam anzugehen und innovative Lösungen zu fördern.
Die anstehenden Veränderungen bringen sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich, und die Region Kassel steht im Mittelpunkt dieser Transformation.
Für weitere Informationen zu Prof. Dr. Klaus Dörres Wirken, siehe Uni Kassel. Um mehr über die Situation des VW-Werks in Baunatal zu erfahren, besuchen Sie Hessenschau. Informationen zu den Auswirkungen der Transformation auf die Beschäftigung finden Sie auch beim VDA.