Im Rahmen des Forschungsprojekts „VOTO – Weidengewebeverstärkter Kunststoff mit variabler Gewebedichte für Fassadenelemente im textilen Holzbau“ hat die Universität Kassel einen innovativen Verbundwerkstoff entwickelt. Dieser besteht aus Fäden der Amerikanerweide und Polypropylen und wurde im Heiß-Press-Verfahren hergestellt, bei dem Weidenholzgewebe und thermoplastische Kunststofffolie abwechselnd geschichtet werden. Durch diesen Prozess schmilzt der Kunststoff, umfließt und verbindet sich mit dem Holz, kühlt ab und härtet aus. Um die Haftung zu verbessern, wird ein spezieller „Haftvermittler“ als Additiv eingesetzt. Die Universität besitzt ein Patent für dieses Verfahren.

Das Hauptziel des Projekts ist die Entwicklung nachhaltiger Materialien, die gleichzeitig technische Leistungsfähigkeit aufweisen. Die Eigenschaften des neuen Werkstoffs sind beeindruckend: Er bietet sowohl Witterungsbeständigkeit als auch Brandschutz. Zudem ermöglichen die variierbaren Webarten des Gewebes diverse Designmöglichkeiten, die lichtundurchlässige oder -durchlässige Fassadenmodule umfassen. Um die Qualität des Materials zu überprüfen, wurden umfangreiche Tests durchgeführt, die Zug-, Druck- und Biegefestigkeit sowie auch Schlag- und Ermüdungseinwirkungen analysierten. Künstliche Bewitterungstests zeigen, dass UV-Stabilisatoren die Lebensdauer der Fassadenmodule signifikant verlängern können.

Nachhaltige Ansätze in der Textilindustrie

Parallel zu den Entwicklungen an der Universität Kassel läuft das Projekt „zPP“, das sich der Herstellung innovativer, nachhaltiger polypropylenbasierter Textilien für technische Anwendungen widmet. Dieses Projekt verfolgt den Ansatz, vollständig recycelbare Produkte zu entwickeln und berücksichtigt von Beginn an die Recyclingoptionen. Der Fokus liegt dabei auf der Schaffung von technischen Textilien, die in verschiedenen Branchen, wie der Automobilindustrie und im Bauwesen, Anwendung finden. Jährlich werden weltweit 3 Millionen Tonnen Polypropylen nachgefragt, jedoch landen 92 % dieser Produkte entweder im Müll oder in der Verbrennung.

Das „zPP“-Projekt ist ein interdisziplinäres Vorhaben, das sich vor allem auf die Entwicklung von Einstoffsystemen konzentriert, um die ressourcenschonende Produktion zu fördern. Technologische Innovationen und Digitalisierung spielen hierbei eine Schlüsselrolle, um den Materialkreislauf zu optimieren und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu reduzieren. Zusätzlich soll das Projekt zur Resilienz der deutschen Wirtschaft gegenüber Rohstoffschwankungen beitragen.

Kreis- und Abfallwirtschaft in der EU

Die aktuelle Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft ist für die Textilindustrie unabdingbar, insbesondere im Licht neuer EU-Vorschriften. Die Ellen MacArthur Foundation hebt hervor, dass die Branche extrem ressourcenintensiv und abfallreich ist. Nur ein kleiner Teil der Textilien wird recycelt; der Großteil endet auf Deponien. Innovative Recyclingansätze, wie das Faser-zu-Faser-Recycling, sind daher essenziell, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen langfristig zu sichern und gleichzeitig die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Die EU-Initiative „Ökodesign für nachhaltige Produkte“ fordert, dass Hersteller langlebige, reparierbare und recycelbare Materialien verwenden. Gleichzeitig müssen sie im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) die Kosten für Textilabfälle übernehmen. Unternehmen, die diese Herausforderungen annehmen, können die Chance nutzen, eine Vorreiterrolle auf dem wachsenden Markt für nachhaltige Produkte zu erlangen.

Die Entwicklungen an der Universität Kassel sowie im Projekt „zPP“ sind klare Indikatoren für den Wandel in der Textilindustrie hin zu mehr Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit. Diese Initiativen spiegeln die zunehmende Nachfrage der Verbraucher nach umweltfreundlicheren Produkten wider und skizzieren einen Weg, die Branche fit für die Zukunft zu machen.