Am 10. November 2024 versammelten sich rund 200 Menschen im Museumshof in Fulda, um der Novemberpogrome von 1938 zu gedenken. Diese Gedenkfeier fand in einem neuen Rahmen statt, da der ursprüngliche Ort aufgrund archäologischer Ausgrabungen am Synagogenplatz und des Schabbats nicht genutzt werden konnte. Jutta Hamberger, die Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ), erklärte, dass das Ziel dieser Feier sei, nicht nur zu mahnen, sondern die Menschen zu berühren. „Wir wollen, dass ihr hier glücklich leben könnt“, betonte sie und verwies auf die aktuelle Realität, in der viele jüdische Menschen Diskriminierung erfahren, wie die erschütternden Bilder aus Amsterdam in der vergangenen Woche zeigten, wie Osthessen News berichtete.
Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld erinnerte in seiner bewegenden Rede an die schrecklichen Ereignisse der Pogromnacht. Er berichtete von den ersten Übergriffen, die im Kaufhaus Wertheim begannen, und den darauffolgenden Zerstörungen, die die jüdische Gemeinde in Fulda erlitten hat. „Die Reichspogromnacht fand nicht abstrakt irgendwo statt, sondern hier in Fulda“, stellte er klar und kritisierte das Versagen der damaligen Stadtverwaltung, die jüdischen Bürger zu schützen. Diese Erinnerungen sind nicht nur Teil der Geschichte, sondern auch eine Mahnung für die Gegenwart.
Ein neuer Ansatz für das Gedenken
Die Gedenkfeier zeichnete sich durch einen neuen, emotionalen Ansatz aus. Jugendliche des Projekts „Jüdisches Leben in Fulda“ trugen Zitate von Zeitzeugen und Polizeiberichten vor, die die Schrecken der Pogromnacht eindringlich schilderten. Ein Höhepunkt war das Gedicht „A single hair“ von Herrmann Taube, das während eines Besuchs im Konzentrationslager Auschwitz gehört wurde. Dieses Gedicht, das die Grauen des Holocausts thematisiert, berührte die Anwesenden zutiefst.
Die Veranstaltung beinhaltete auch Gebete von Religionsvertretern, die für die Opfer der Shoah beteten. Bischof Dr. Michael Gerber und Dekan Dr. Thorsten Waap sprachen über die Verantwortung der heutigen Generation, die Vergangenheit nicht zu vergessen. „Nimm uns nicht das Erschrecken, aber die Angst, die uns lähmt“, betete Waap und erinnerte an die fortwährende Last der Geschichte.
Musikalische Akzente und internationale Gäste
Die musikalische Gestaltung übernahmen Natalya Oldenburg und Karolina Birkstedt von der Fuldaer Musikschule, die zwei Stücke aus den „12 Jewish Songs“ des italienischen Komponisten Riccardo Joshua Moretti präsentierten. Unter den Gästen waren auch Nachfahren jüdischer Familien, die eigens aus Chicago angereist waren, um an diesem bewegenden Abend teilzunehmen. Ethan Bensinger, ein Nachfahre der jüdischen Familien Trepp, Kamm und Sichel, äußerte sich begeistert: „Was für ein bewegender Abend! Ich bin sehr froh, dass ich gekommen bin.“
Diese Gedenkfeier war mehr als nur ein Ritual; sie war ein eindringlicher Appell an die Gesellschaft, sich für ein respektvolles Miteinander einzusetzen und die Lehren aus der Vergangenheit nicht zu vergessen. Die Veranstaltung zeigte, dass das Gedenken an die Opfer der Pogromnacht auch heute noch von großer Bedeutung ist und dass die Stadt Fulda sich aktiv mit ihrer Geschichte auseinandersetzt, um jüdisches Leben zu fördern und zu schützen, wie auch Osthessen News berichtete.