Im Seniorenheim von Winnenden erleben die dort tätigen Pflegekräfte derzeit eine belastende Zeit. Beschwerden über Zeitdruck und Unterbesetzung prägen den Alltag, in dem die Mitarbeiter eine enorme Verantwortung für die ihnen anvertrauten Bewohner tragen müssen. Seit August 2023 erhalten die Angestellten zudem anonyme Briefe, die Beleidigungen und Unterstellungen enthalten. Diese Briefe, die in Spinden und Briefkästen gefunden werden, führen dazu, dass zwei Pflegerinnen aufgrund der hohen psychischen Belastung krankgeschrieben sind. Die Situation wirft ein Schlaglicht auf die aktuellen Herausforderungen, mit denen Pflegekräfte konfrontiert sind und die nicht nur lokal, sondern auch bundesweit von Bedeutung sind.

Die psychische Belastung des Gesundheitspersonals bleibt weiterhin hoch, wie eine aktuelle Studie des Fachbereichs Psychologie der PFH Private Hochschule Göttingen bestätigt. Diese Studie deckt auf, dass insbesondere Pflegekräfte signifikante Symptome von Stress, Angst und Depression aufweisen. Die Interviewten gaben an, sich am stärksten von Personalmangel und einer unzureichenden Wertschätzung durch das Gesundheitssystem betroffen zu fühlen. Prof. Dr. Stephan Weibelzahl warnt in diesem Zusammenhang vor einem drohenden Mangel an Pflegefachkräften, da bis 2034 in Deutschland 90.000 Pflegekräfte weniger benötigt werden als verfügbar sind.

Psychische Gesundheit als Priorität

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass 36% der Pflegekräfte von mittleren oder schweren Depressionen betroffen sind – ein alarmierender Vergleich zu den 24% der Ärzte. Trotz einer leichten Erholung der psychischen Belastung während der Pandemie bleibt der Stress auf hohem Niveau. Vor der Pandemie litten nur 5% der Bevölkerung an mittleren oder schweren Depressionen. Es wird betont, dass effektive Unterstützungsmaßnahmen dringend notwendig sind, um die Mitarbeiter zu entlasten und ihre psychische Gesundheit zu fördern.

Die psychische Gesundheit der Pflegekräfte hat auch physische Dimensionen. Diese sind besonders wichtig, denn das körperliche Wohlbefinden steht in direktem Zusammenhang mit dem psychischen Zustand. Ein vernünftiger Ansatz könnte darin bestehen, regelmäßige körperliche Untersuchungen in die Routine der Pflegekräfte zu integrieren. Sodann könnte dies helfen, Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen und somit die Lebensqualität der Mitarbeiter in diesem stressigen Berufsfeld zu verbessern.

Voraussetzungen für eine gesunde Arbeitsumgebung

Um den Anforderungen des Pflegeberufs gerecht zu werden, sollten auch ergonomische Anpassungen am Arbeitsplatz vorgenommen werden. Hilfsmittel zur Vermeidung körperlicher Belastungen und eine optimale Gestaltung der Arbeitsplätze könnten signifikant zur Stressreduktion beitragen. Es wird empfohlen, dass Pflegekräfte Zugang zu geeigneten Ruhepausen und Ruheräumen haben, um Burnout vorzubeugen.

Ebenso ist eine gesunde Ernährung entscheidend für die körperliche Gesundheit. Krankenhäuser sollten gesunde und nahrhafte Mahlzeiten während der Schichten anbieten, um ihre Mitarbeiter optimal zu unterstützen. Die Investition in die Gesundheit der Pflegekräfte ist nicht nur eine Frage des Wohlbefindens, sondern auch eine Notwendigkeit, um die Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern und die allgemeine Zufriedenheit der Mitarbeiter zu steigern.

Angesichts der angespannten Lage im Pflegebereich ist es unerlässlich, die Herausforderungen anzuerkennen, um ein unterstützendes Arbeitsumfeld zu schaffen, das sowohl die körperliche als auch die psychische Gesundheit der Pflegekräfte fördert. Es ist zu hoffen, dass auch die in Winnenden erlebten Schwierigkeiten als Anstoß dienen können, um notwendige Veränderungen im Pflegewesen herbeizuführen.