Im Rahmen eines aktuellen Podcasts diskutiert Prof. Dr. Christine Dimroth von der Universität Münster die Herausforderungen und Möglichkeiten des Fremdsprachenunterrichts sowie das bedenkliche Phänomen des Sprachensterbens. Sie hebt hervor, dass der aktuelle Unterricht in Schulen nicht das volle Potenzial des Spracherwerbs ausschöpfen kann. Insbesondere kritisiert sie die Vorgehensweise, frühzeitig Englisch zu unterrichten, und mahnt an, dass der Fokus auf alltäglichem Sprechen und nicht auf grammatikalischen Regeln liegen sollte. Dies könnte der Schlüssel zu effektivem Spracherwerb sein.
Wie Dimroth in ihrem Gespräch erläutert, zeigen Studien, dass es kaum Unterschiede in der Sprachkompetenz zwischen Schülern gibt, die ab der Sekundarstufe mit Englisch beginnen, und jenen, die bereits im Grundschulalter unterrichtet wurden. Dies deutet darauf hin, dass die frühe Phase des Spracherwerbs entscheidend ist, um die Sprachfähigkeit zu entwickeln, bevor komplexe grammatikalische Konzepte erlernt werden.
Sprachliche und berufliche Kompetenz
Ein weiterer wichtiger Aspekt, den Dimroth anspricht, ist die Unterscheidung zwischen sprachlicher und beruflicher Kompetenz, insbesondere im Kontext der Zuwanderung. Sie macht deutlich, dass der Akzent eines Arztes beispielsweise nichts über dessen medizinische Fähigkeiten aussagt. In der heutigen Zeit sind andere Sprachen und Sprachvarianten keine Bedrohung für die eigene Sprache, sondern sollten als Bereicherung gesehen werden, besonders im Umfeld der Fachkräfteeinwanderung.
Des Weiteren äußert sie eine besorgte Sicht auf das Sprachensterben, da über die Hälfte der rund 7.000 Sprachen weltweit vom Aussterben bedroht ist. Dimroth charakterisiert diesen Trend als Normalität, denn Menschen tendieren dazu, Sprachen zu lernen, die ihnen die besten Lebenschancen bieten. Die Migration, die Nutzung des Internets und die Mobilität im europäischen Binnenmarkt haben die Sprachenvielfalt in den letzten Jahren erheblich erhöht.
Forschung und Bildungspolitik
Im Zusammenhang mit der Frage der Mehrsprachigkeit ist auch die Bildungsforschung von großer Bedeutung. Laut Informationen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung soll der bereits bestehende, vielfältige Sprachgebrauch in deutschen Großstädten, wo nahezu jedes zweite Kind einen Migrationshintergrund aufweist, durch gezielte Maßnahmen gefördert werden. Kinder mit nicht-deutscher Herkunftssprache sollen frühzeitig Deutsch lernen, während sie ihre Herkunftssprache weiterhin nutzen können. Somit wird Diversity im Sprachgebrauch als Chance und nicht als Herausforderung betrachtet.
Die Bildungspolitik ist gefordert, die Realität der Mehrsprachigkeit zu erkennen und entsprechende Bedingungen zu schaffen. Ziel ist es, das Wissen um den Lernerfolg mehrsprachiger Kinder und Jugendlicher zu vergrößern und die sprachliche Bildung in Bildungseinrichtungen zu fördern. Prof. Dr. Dr. h.c. Ingrid Gogolin von der Universität Hamburg leitet die Koordinierungsstelle der Forschungsschwerpunkte, die sich mit diesen Themen auseinandersetzt.
Für mehr Informationen zu den verschiedenen Projekten und Initiativen rund um sprachliche Bildung und Mehrsprachigkeit kann die Website der Koordinierungsstelle oder der Podcast von Prof. Dimroth besucht werden: Universität Münster, Bing, BMBF.