Peter Saalfrank, ein angesehener theoretischer Chemiker an der Universität Potsdam, und sein Team setzen innovative Ansätze ein, um chemische Prozesse im Weltraum zu erforschen. Mit Hilfe von Computermodellen untersuchen sie, wie Moleküle in interstellaren Eispartikeln durch chemische Reaktionen entstehen können. Dabei haben sie kürzlich einen bedeutenden ERC Synergy Grant in Höhe von 12 Millionen Euro erworben, gemeinsam mit Forschenden aus München, Aarhus und den USA. Das Projekt, das den Namen IRASTRO trägt, zielt darauf ab, ein besseres Verständnis für die chemischen Reaktionen im extremen interstellaren Raum zu gewinnen.

Die Bedingungen im interstellaren Raum sind extrem herausfordernd. Trotz der Dunkelheit und Temperaturen, die bis zu 10 Kelvin (-263 Grad Celsius) erreichen, hat sich dieser Raum als überraschend vielfältig erwiesen. Erste Entdeckungen von Molekülen stammen aus den 1940er Jahren, bei denen unter anderem Wasserstoff, Kohlenmonoxid, Wasser und Methan identifiziert wurden. In den 1960er Jahren kamen dann organische Moleküle wie Formaldehyd hinzu. Ein Meilenstein war die Entdeckung des Biomoleküls Glycin im Staub eines Kometen im Jahr 2009, was die Relevanz von biochemischen Prozessen im Weltraum unterstreicht.

Forschungsansatz und Methodik

Das Projekt IRASTRO vereint Experten aus verschiedenen Forschungsdisziplinen. Die Hauptforscher sind Alec Wodtke (Göttingen), Liv Hornekær (Aarhus), Peter Saalfrank (Potsdam) und Varun Verma (NIST, USA). Ein zentraler Bestandteil des Forschungsansatzes ist die Entwicklung von Methoden zur Erfassung von Infrarotsignaturen einzelner Moleküle. Hierfür werden Daten von leistungsfähigen Weltraumteleskopen wie dem James Webb Teleskop analysiert.

In Göttingen wird die spektroskopische Analyse von Molekülen auf Oberflächen durchgeführt, während in den USA supraleitende Detektoren entwickelt werden, um molekulare Strukturen infrarotspektroskopisch zu untersuchen. In Aarhus wird außerdem die Umgebung des Weltalls im Labor nachgebildet, um die chemischen Reaktionsbedingungen realistisch zu simulieren. Saalfrank bringt seine Expertise in der Quantendynamik ein, um die experimentellen Ergebnisse zu interpretieren und Reaktionswege vorherzusagen.

Finanzierung und Bedeutung des ERC Grants

Der ERC Synergy Grant stellt ein wichtiges Förderinstrument dar, das Gruppen von bis zu vier Principal Investigators (PIs) unterstützt. Es gibt keine spezifischen Anforderungen an die akademische Ausbildung, jedoch müssen die PIs eine nachweisbare Erfolge in der Forschung vorweisen. Für Forschungsprojekte kann eine Finanzierung von bis zu 10 Millionen Euro für einen Zeitraum von sechs Jahren beantragt werden, zusätzlich zur Deckung von „Start-up“-Kosten. Das Programm wurde 2007 von der EU gegründet und hat ein Budget von über 16 Milliarden Euro für den Zeitraum 2021-2027.

In der Chemieforschung, insbesondere bei Projekten wie IRASTRO, spielt die theoretische Chemie eine zunehmend wichtige Rolle. Dies ermöglicht den Wissenschaftlern, relevante Daten zu gewinnen und ein tieferes Verständnis für die komplexen chemischen Interaktionen im Weltraum zu entwickeln.

Zusätzlich hat die Universität Hamburg ebenfalls kürzlich einen ERC Grant erhalten, um Plattformchemikalien aus Biomasse herzustellen. Diese Forschung geht der Herausforderung nach, dass Biomasse in ihrer chemischen Komplexität oft schwerer zu verarbeiten ist als fossile Rohstoffe. Das Ziel ist es, durch den Einsatz von polyoxometallatischen Katalysatoren neue Produkte, wie Carbonsäureester für Alltagsprodukte, zu gewinnen.

Die zunehmend interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Förderung von exzellenter Forschung durch die europäischen Förderinstrumente zeigen, wie wichtig es ist, Grenzen der Wissenschaft zu überwinden und neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Für weitere Informationen zu den Förderbedingungen und Zielen des ERC Synergy Grants, besuchen Sie die Website des European Research Council. Mehr über den Fortschritt und die Forschung der Universität Potsdam erfahren Sie unter uni-potsdam.de und die Projekte der Universität Hamburg können auf hamburg-business.com eingesehen werden.