Ein 50-jähriger Mann steht vor der 4. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts, nachdem er beschuldigt wird, am 11. Juli 2024 in einem Euskirchener Ortsteil drei Polizisten attackiert zu haben. Die Anklage umfasst mehrere Punkte, darunter versuchter Totschlag, gefährliche Körperverletzung und besonders schwerer tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte. Der Prozess beginnt am Dienstag, dem 4. Februar 2025, und der Fall wirft einen beunruhigenden Blick auf die steigenden Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte in Deutschland. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, den Tod eines Beamten in Kauf genommen zu haben, als er mit einem Holzbarhocker auf einen Polizisten einzuschlagen versuchte.
Der Vorfall ereignete sich, als Mitarbeiter des Kreisjugendamts im Auftrag des Staates versuchten, die Enkelin des Angeklagten aufgrund von Kindeswohlgefährdung in Obhut zu nehmen. Aus Sicherheitsgründen wurde die Polizei hinzugezogen. Der Angeklagte verweigerte den Zutritt und beschimpfte die Jugendamtsmitarbeiter. In einem weiteren Zusammentreffen schlug er zwei Polizeibeamten ins Gesicht und auf den Kopf, was zu Verletzungen führte.
Zunehmende Gewalt gegen Beamte
Die Gewalt gegen Vollstreckungsbeamte ist in Deutschland ein ernsthaft wachsendes Problem. 2023 wurden im Kreis Euskirchen 63 Strafanzeigen wegen Widerstandshandlungen oder tätlicher Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte registriert. Dabei wurden 37 Beamte im Dienst verletzt. Die Polizei erwartet, dass die Fallzahlen für das vergangene Jahr weiter steigen werden. Das Phänomen betrifft nicht nur Polizeibeamte, sondern auch Feuerwehrleute sowie Mitarbeiter der Ordnungsämter und des Rettungsdienstes. Die Polizei kündigte eine konsequente strafrechtliche Verfolgung an, um diesem beunruhigenden Trend entgegenzuwirken.
Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist im deutschen Recht strafbar, insbesondere wenn Gewalt angedroht wird. Der rechtliche Rahmen, unter dem solche Handlungen verfolgt werden, ist im § 113 StGB und § 114 StGB festgelegt. Letzterer behandelt gezielt tätliche Angriffe auf Beamte, wobei der Fokus auf physischen Übergriffen liegt, die nicht zwangsläufig zu Verletzungen führen müssen. Bei einem besonders schweren Fall, wie es auch im aktuellen Prozess der Fall ist, kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden. Dies verdeutlicht, wie ernst die deutsche Justiz solche Vorfälle nimmt.
Rechtliche Implikationen und Verteidigungsmöglichkeiten
Widerstandshandlungen sind nicht nur passive, wie etwa das Sitzenbleiben während einer Kontrolle, sondern umfassen alle Maßnahmen, die Beamte bei ihrer Amtsausführung behindern. Der Widerstand kann sowohl aktiv als auch passiv sein und wird insbesondere dann bestraft, wenn er die Durchführung von hoheitlichen Maßnahmen beeinträchtigt. Verteidigungsmöglichkeiten bestehen darin zu klären, ob tatsächlich ein tätlicher Angriff vorlag oder nicht, sowie zu überprüfen, ob die Vollstreckungsmaßnahmen rechtmäßig waren.
Der bevorstehende Prozess legt sowohl unmittelbar als auch allgemein die Herausforderungen offen, mit denen Vollstreckungsbeamte konfrontiert sind, und zeigt die Notwendigkeit für eine umfassende rechtliche und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema.