Bei einem Wahlkampfauftakt in Greifswald bleibt FDP-Chef Christian Lindner nicht unbehelligt. Christiane Kiesow, Mitglied des Linken-Kreisvorstandes Peene-Uecker-Ryck, hat ihn am Donnerstagmittag mit einer Torte aus Schaum beworfen. Der Vorfall ereignete sich vor circa 130 Anwesenden, die sich zu der Veranstaltung eingefunden hatten. Kiesow, die 34 Jahre alt und politisch aktiv in Greifswald ist, äußerte nach ihrem Angriff, dass Lindner „genug geredet“ habe. Damit wollte sie offenbar die Missbilligung ihrer politischen Ansichten zum Ausdruck bringen.

Kiesow ist eine engagierte Aktivistin in der Kommunalpolitik und hat in der Vergangenheit zahlreiche Initiativen angestoßen. So ist sie unter anderem stellvertretendes Mitglied im Bauausschuss der Greifswalder Bürgerschaft und verantwortlich für die Bereiche Veranstaltungen, Homepage und Social Media im Linken-Kreisvorstand. Ihr Studium der Deutsch- und Philosophie an der Universität Greifswald prägte ihren politischen Werdegang. Sie hat mehrfach für politische Ämter im Rahmen der Studierendenschaft kandidiert und war auch im Allgemeinen Studierendenausschuss aktiv. Dort erarbeitete sie einen erfolgreichen Antrag, der Nachhaltigkeit und Ökologie zu einem verpflichtenden Bestandteil in jedem Studiengang machte.

Die Hintergründe des Protests

Der Protest von Kiesow ist kein Einzelfall. Politischer Protest wird in der Partizipationsforschung als „unkonventionelles“ politisches Verhalten eingeordnet. Unkonventionelles Handeln sucht, jenseits der traditionellen Beteiligungsangebote, Gehör. In der Bundesrepublik Deutschland hat das individuelle Protestwählen in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, insbesondere im Osten des Landes. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung ist ein markanter Anstieg an Rand- und Protestwählern zu verzeichnen, der von 5% auf über 20% zwischen 2017 und 2020 steigt. Diese Entwicklung zeigt, dass immer mehr Menschen das Vertrauen in die etablierten Parteien verlieren und alternative Ausdrucksformen des Protests wählen.

Der Vorfall in Greifswald könnte somit als Teil eines größeren Trends des politischen Protests gesehen werden, der sich nicht nur gegenüber Lindner, sondern gegen die politische Elite insgesamt richtet. Die Bildsprache einer Schaumtorte könnte als symbolisches Element für den Unmut vieler Wähler interpretiert werden, die sich von den Entscheidungen der politischen Führung nicht mehr vertreten fühlen.

Christiane Kiesow: Eine engagierte Stimme

Christiane Kiesow hat sich schon während ihrer Studienzeit in Greifswald für faire Rahmenbedingungen und Gleichberechtigung eingesetzt. Bei ihrer Kandidatur für das Studierendenparlament nannte sie unter anderem die Einrichtung eines fairen Bafög-Konzepts sowie die Förderung von Frauen in Lehrstühlen als ihre Ziele. Mit ihrem Engagement und ihrem politischen Protest illustriert sie, wie wichtig es für einige Akteure ist, ihre Stimmen auch auf unkonventionelle Weise zu erheben.

Der Vorfall in Greifswald und die Reaktionen darauf könnten in den politischen Diskurs über Protest und die Demonstration von Unzufriedenheit in Deutschland neue Impulse geben. Die Auseinandersetzungen um die politische Ausrichtung zeigen, dass die Kritiken an der Politik der Liberalen und anderer Parteien immer lauter werden.