Der Internationale Frauentag, der weltweit am 8. März gefeiert wird, hat seine Wurzeln im Jahr 1911. Die Veranstaltung bietet eine Gelegenheit, die Fortschritte in der Geschlechtergerechtigkeit zu reflektieren sowie bestehende Herausforderungen und Ungleichheiten zu thematisieren. Aktuelle Entwicklungen, insbesondere in den USA, gefährden die Bemühungen um Gleichstellung, wie die Forschungsprojektleiterinnen Prof. Dr. Antje Langer und Dr. Susanne Richter von der Universität Paderborn im Rahmen des Projekts „GeFoWiss“ hervorheben. Prof. Langer berichtet, dass das Bewusstsein für Geschlechterfragen in den vergangenen sieben Jahren gewachsen ist, insbesondere durch die Auswirkungen der Coronapandemie.

Die Diskussionen über systemrelevante Berufe, Sorgearbeit und häusliche Gewalt nahmen während der Pandemie deutlich zu. Zudem rückte die #MeToo-Bewegung sexualisierte Gewalt ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Die Einführung der Kategorie „divers“ im Personenstandsgesetz im Jahr 2018 sowie das geplante Selbstbestimmungsgesetz für 2024 sind Meilensteine auf dem Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. Trotz dieser Fortschritte sind widersprüchliche Geschlechterverhältnisse und eine Zunahme öffentlicher Kontroversen erkennbar. Autoritäre und reaktionäre Kräfte scheinen direkt mit diesen progressiven Entwicklungen in Zusammenhang zu stehen.

Herausforderungen in der Arbeitswelt

Trotz der verankerten Gleichberechtigung im Grundgesetz, wie in Art. 3 (2) definiert, bleibt die Realität für Frauen im Arbeitsleben herausfordernd. Der so genannte Gender Pay Gap, der 2020 bei 18% lag, zeigt, dass Frauen im Schnitt erheblich weniger verdienen als Männer. Besonders auffällig ist, dass 11% der vollzeitbeschäftigten Frauen 2020 ein Niedrigeinkommen von weniger als 2.000 Euro brutto hatten, während dieser Anteil bei den Männern nur 9% betrug. Die Hans-Böckler-Stiftung forscht zu Geschlechtergerechtigkeit und fördert Initiativen zur Verbesserung dieser Missstände.

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen war 2020 zudem rund 7 Prozentpunkte niedriger im Vergleich zu Männern, wobei insbesondere Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland bestehen. Während 2020 46% der Frauen in Teilzeit arbeiteten, betrug dieser Wert bei Männern lediglich 11%. Frauen sind häufig für die Kinderbetreuung verantwortlich; 63% der Frauen ohne Kinder arbeiteten in Vollzeit, jedoch nur 29% mit Kindern. Die sogenannte „unsichtbare Denkarbeit“, die häufig von Frauen übernommen wird, bleibt dabei ungewürdigt.

Geschlechterrollen in verschiedenen Sektoren

Ein Blick auf verschiedene Branchen zeigt, dass Frauen in vielen Bereichen weiterhin benachteiligt sind. So beträgt der Frauenanteil in der Industrie oft weniger als 30 Prozent, insbesondere in Bereichen wie Maschinenbau oder Bauwirtschaft, wo er teilweise bei nur 17% liegt. In Dienstleistungsberufen sieht die Situation jedoch besser aus; im Gesundheitswesen liegt der Frauenanteil bei 80% und im Sozialwesen bei 76%. Trotz einer steigenden Frauen-Erwerbsquote bleibt die Dominanz der Männer in vielen Führungspositionen eine Herausforderung. Nur 11% der Vorstandsposten in großen Unternehmen sind mit Frauen besetzt.

Die Empfehlungen zur Verbesserung der Geschlechtergleichheit sind vielfältig: sie reichen von einem Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft über den Ausbau der Kinderbetreuung bis hin zur Stärkung der Tarifbindung. Der Wissenschaftsrat fordert zudem breitere interdisziplinäre Gender Studies, um Geschlechteraspekte in der Forschung stärker zu berücksichtigen. Das Projekt „GeFoWiss“ an der Universität Paderborn hat sich ebenfalls zum Ziel gesetzt, Geschlechteraspekte in der Forschung sichtbarer zu machen, insbesondere in Bereichen wie der Medizin, wo Frauen oft schlechter diagnostiziert und behandelt werden.

In Anbetracht der bestehenden Herausforderungen ist der Weg zur Geschlechtergerechtigkeit noch lang. Dennoch gibt es positive Beispiele und Fortschritte, die Hoffnung geben: In ländlichen Regionen Afrikas zeigt Forschung zur Stromversorgung, wie Geschlechterdimensionen für nachhaltige Entwicklungen entscheidend sind. Es bedarf jedoch kontinuierlicher Anstrengungen, um die bereits erreichten Standards zu bewahren und neue Erfolge in der Gleichstellung zu erzielen.

Mehr zu den aktuellen Entwicklungen und den Herausforderungen im Bereich Geschlechtergerechtigkeit können Sie bei der Universität Paderborn in ihrem Bericht über den Internationalen Frauentag nachlesen. Des Weiteren bietet die Hans-Böckler-Stiftung in ihren Studien zu Gleichstellung umfassende Informationen über die Gleichheit der Geschlechter in Deutschland. Detaillierte Analysen zum Arbeitsmarkt und den Gender Pay Gap stehen in den Pressemitteilungen der Hans-Böckler-Stiftung zur Verfügung.